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Transparente Aligner sind vor allem für Erwachsene attraktiv.

© imago images/edwardolive

Zahnspange aus China statt aus Sachsen: Schweizer Konzern will Fertigung verlagern

Transparente Zahnspangen sind in Deutschland gefragt. Trotzdem soll die Produktion von Markkleeberg nach China wandern; 250 Mitarbeitende wären betroffen.

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Der Ort ist ungewöhnlich für eine Betriebsversammlung. Wie der Name sagt, versammelt sich die Belegschaft üblicherweise im Betrieb. Am Dienstag jedoch diente der Lindensaal im Rathaus Markkleeberg (Sachsen) als Treffpunkt für die Mitarbeitenden der Etkon GmbH und Politiker aus der Region. Bürgermeister, Landrat und sogar ein Wirtschaftsstaatssekretär solidarisierten sich mit der Belegschaft, deren Arbeit künftig von Chinesen erledigt wird.

Der Schweizer Medizintechnikkonzern Straumann möchte die Fertigung von transparenten Zahnspangen nach China verlagern. Von 360 Arbeitsplätzen blieben nur noch gut 100 in Markkleeberg übrig. Bislang ist Etkon nach dem kommunalen Energieversorger der größte Arbeitgeber in der Stadt im Süden Leipzigs.

2007 hatte die weltweit tätige Straumann Group aus Basel Etkon übernommen. In Markkleeberg entstehen Implantate und Kronen sowie transparente Zahnspangen, die sogenannten ClearCorrect Aligner. Kunden sind Dentallabore, die Zahn- oder Gebissabdrücke scannen und mit der Software von Etkon den gewünschten Zahnersatz designen. Mit den Fräsdaten werden dann auf der automatischen Fertigungsstraße die individuellen Teile gefertigt.

Hintergrund der geplanten Anpassung ist eine deutliche Verschärfung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im globalen Wettbewerb.

Straumann Gruppe

„Wettbewerber produzieren zu wesentlich niedrigeren Kosten und in deutlich größeren Volumina“, begründet Straumann auf Anfrage die „geplante Anpassung“ mit der „Verschärfung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im globalen Wettbewerb“. Man sei sich „der Bedeutung des Standorts Markkleeberg und unserer Mitarbeitenden bewusst“ und befinde sich in einem „Konsultationsprozess“ mit Arbeitnehmervertretern, Politik und Behörden, „um den Prozess transparent und verantwortungsvoll zu gestalten“. 

IG Metall: Leitwerk in Markkleeberg

Dieser Prozess wird vermutlich mit einem Interessenausgleich und Sozialplan enden. Dabei sieht die IG Metall den Standort als „Leitwerk im Etkon-Verbund“, hier würden neue Technologien getestet, bevor sie in anderen Werken Anwendung finden, wirbt die IG Metall für den Standort. Es stehe in Markkleeberg die Anschaffung einer Laser-Schneidemaschine an, die sich Straumann bei einer Verlagerung nach China sparen könne, sagte ein Gewerkschafter auf Anfrage.

Im Übrigen sei das Werk profitabel und habe zuletzt einen Bruttogewinn von 3,5 Millionen Euro ausgewiesen. Der Schweizer Mutterkonzern „nutzt die Gunst der Stunde“, um in der Industriekrise mit bundesweit anstehenden Betriebsschließungen und Verlagerungen die Fertigung zu verlagern, heißt es bei der IG Metall.

Das chinesische Unternehmen Smartee als „Fertigungspartner“ soll künftig die Kunststoffschienen produzieren, teilte Straumann mit. „Die Partnerschaft ermöglicht uns den Zugang zu modernster Technologie, Skalierbarkeit und höherer Effizienz; wichtige Voraussetzungen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.“

60
Prozent der Kinder bekommen eine Zahnspange

Im Werk Markkleeberg verbleibe die Fertigung von Zahnersatz mit CAD/CAM-Technologien sowie die „dafür erforderlichen Support-Bereiche“.

Zahnspangen sind ein lukratives Geschäft - für Kieferorthopäden, Dentallabore und Hersteller. Rund 60 Prozent der Kinder bekommen hierzulande eine Spange, die bis zum 18. Lebensjahr von der Krankenkasse bezahlt wird. Erwachsenen müssen die Kosten in der Regel selbst tragen.

Zunehmender Beliebtheit, zumal bei Erwachsenen, erfreuen sich die Aligner, die vor rund 25 Jahren auf den Markt kamen. Anders als Zahnspangen aus Metall sind die Kunststoffschienen transparent und somit unauffällig.

Die Spange lässt sich herausnehmen, etwa zum Essen oder Zähneputzen, entsprechende ist die Mundhygiene effizienter als bei einer festen Spange. Die patientenspezifischen Schienen werden anhand digitaler Kieferabdrücke individuell geplant und hergestellt.

Seit etwa zehn Jahren gibt es sogar Do-it-yourself-Aligner, bei denen der Patient selbst Zahnabdrücke nimmt und zum Hersteller schickt. Die Bundeszahnärztekammer warnt indes vor dieser Art der Beschaffung ohne Einbeziehung von Zahnärzten respektive Kieferorthopäden.

Die Höhe der Kosten hängt ab von der Art der Spange, der Zahnfehlstellung sowie der Behandlungsdauer. Feste Zahnspangen kosten zwischen 2500 Euro und 15.000, die losen Aligner liegen zwischen 1800 und 6500 Euro.

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