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Wirtschaft: Zerwürfnis am Hof des Sultans von Brunei

SINGAPUR .Mit Fehlinvestitionen, Finanzabenteuern und einem extravaganten Lebensstil hat Sultan Haji Hassanal Bolkiah von Brunei mindestens zehn Mrd.

SINGAPUR .Mit Fehlinvestitionen, Finanzabenteuern und einem extravaganten Lebensstil hat Sultan Haji Hassanal Bolkiah von Brunei mindestens zehn Mrd.Dollar verloren.Nun sind die ersten Konsequenzen aus der Krise gezogen worden.Als Hauptschuldiger gilt Prinz Jefri Bolkiah, ein jüngerer Bruder des Sultans, der an der Spitze der Brunei Investment Agency (BIA) gestanden hatte.Vorige Woche ist er kurzerhand abgesetzt worden.Dadurch wurde ihm die Kontrolle über den immer noch sagenhaften Reichtum der Familie entzogen.

Bevor es zu dem Familienzerwürfnis kam, hatten Analysten das Vermögen des Sultans auf 40 bis 60 Mrd.Dollar (70 bis 110 Mrd.DM) geschätzt.Insider behaupten hinter vorgehaltener Hand, es könnte sich um ein Mehrfaches handeln.Zuverlässige Angaben gibt es keine, da die Veröffentlichung von genaueren Daten in Brunei als strafbare Handlung gilt, für die jemand mehrere Jahre ins Gefängnis geworfen werden kann.Gegenstand wilder Gerüchte und Mutmaßungen sind auch die Verluste.Schätzungen zufolge betragen sie mindestens zehn bis zwanzig Mrd.Dollar.Der reichte Mann der Welt sagt jetzt: "Wir haben nicht viel Zeit, um die Fehler und Irrtümer zu korrigieren, die begangen worden sind ..."

Am Hof des Sultans gilt der 52jährige Haji Hassanal Bolkiah schlicht als "der Boß".Der Monarch hält die Ämter des Staatschefs, Ministerpräsidenten, Finanz- und Verteidigungsministers in Personalunion.Ihm gehören ein paar der renommiertesten Nobel-Hotels der Welt.Kreuzt er mit einer seiner zwei Gemahlinnen unerwartet in Singapur oder Bangkok auf, wo ihm auch das Hyatt Regency und das Holiday Inn Crown Plaza gehören, will der Sultan ein ganzes Stockwerk für sich selbst.Gibt es auf der gleichen Etage noch andere Gäste, müssen sie - wie der Autor selbst erfuhr - von einer Stunde zur anderen das Zimmer räumen und umziehen.

Mit 280 000 Einwohnern und 5700 Quadratkilometer Fläche ist das an der Nordostküste von Borneo gelegene Brunei ein Zwergstaat.Dem Erdöl und Erdgas verdankt das Sultanat seinen Reichtum.Es gehört zu einer kleiner werdenden Zahl von Monarchien, die auch am Ende des 20.Jahrhunderts immer noch absolutistisch regiert werden.Wahlen gab es zum ersten und zum letzten Mal im Jahr 1962; darauf war der Ausnahmezustand über das Land verhängt worden.

Die außerordentlich massiven Verluste, die Sultan Haji Hassanal Bolkiah erlitten hat, sind sicherlich auch auf die Asienkrise zurückzuführen.Die Luxushotels, Banken und Konsumtempel, die sich in Südostasien in seinem Besitz befinden, sind jetzt viel weniger wert als noch vor ein bis zwei Jahren.Dazu kommen die Einbußen auf Wertschriften.Herbe Verluste erlitt der Sultan auch, weil er sich aus Solidarität mit seinen Nachbarn eine Zeitlang an der Verteidigung der ins Kreuzfeuer der Spekulation geratenen Währungen beteiligt hatte.Man kann die Dezimierung des sagenhaften Reichtums aber nicht einfach auf die asiatischen Wirtschafts- und Finanzkrise zurückführen.Der reichste Mann der Welt ist auch ein Opfer der Extravaganzen und der Verschwendungssucht geworden, die an seinem Hof herrschen.Um Haji Hassanal Bolkiah ranken sich Märchen und Legenden.In seiner Garage unter dem mit einer goldenen Kuppel geschmückten Palast in der Hauptstadt Bandar Seri Begawan sind angeblich mehr BMWs geparkt, als auf den Straßen einer deutschen Großstadt verkehren.Etliche dieser Luxusautos mußten jetzt angeblich verkauft werden, weil der Herrscher knapp an Bargeld ist.Viele dieser Behauptungen sind schlicht nicht auf den Wahrheitsgehalt zu überprüfen.Es gibt indes genügend Anschauungsunterricht für die Behauptung, die Milliardenverluste seien auch auf einen extravaganten Lebensstil zurückzuführen.

Der Preis und die Rendite spielten häufig überhaupt keine Rolle, wenn die Brunei Investment Agency unter Leitung des entmachteten Prinzen in aller Welt Besitztümer akquirierte.In vielen Fällen ging es schlicht darum zu zeigen, daß man es sich eben leisten kann.Motiv der Investition war das Renommiergehabe.

Der vom Sultan entmachtete Bruder Jefri gilt als Playboy und als schwarzes Schaf, von dem der Monarch sich endlich distanzieren und trennen muß, weil der Prinz den Ruf der Familie schädigt.Es ist freilich ein offenes Geheimnis, daß der Sultan und der Prinz sich lange Zeit sehr nahe gestanden haben.Hassanal Bolkiah schenkte Jefri Bolkiah stets ein offenes Ohr, wenn es um die Frage ging, wie das sagenhafte Familienvermögen angelegt werden sollte.

Nachdem Prinz Jefri nun kaltgestellt worden ist, steigt offenbar der Einfluß von Prinz Mohamed, einem zweiten jüngeren Bruder des Sultans.Mohamed ist aus ganz anderem Holz geschnitzt.Im Urteil seiner Freunde gilt er als bescheidener, frommer Muslim, während die Gegner behaupten, er sei ein Eiferer und konservativer Fundamentalist, der Brunei in eine Theokratie verwandeln wolle.Durchaus denkbar, daß es im Zeichen der spektakulären Finanzdebakel zu einer noch stärkeren Islamsierung in dem fernöstlichen Sultanat kommen könnte.

KARL KRÄNZLE

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