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Zu wenig Arbeitskräfte in der Pharmaindustrie: 176.000 offene Stellen belasten die Branche
Arbeitgeber und Gewerkschaft fordern eine Ausbildungsoffensive, werben um Quereinsteiger und Zuwanderung. Es gebe erhebliche Engpässe, die die Innovationskraft gefährdeten.
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Jeder vierte Arbeitsplatz in der Pharmaindustrie kann derzeit nicht besetzt werden, in Summe gibt es 176.000 offene Stellen. „Der Wind wird eisiger beim Thema Fachkräftemangel“, sagte Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), am Mittwoch anlässlich der Vorstellung einer Branchenstudie. Insgesamt fehlten der Wirtschaft derzeit 540.000 Fachkräfte.
Das IW hatte im Auftrag des Verbandes der forschenden Pharmafirmen (vfa) den Fachkräftemangel analysiert. Besonders dramatisch ist demnach die Situation in der Produktion, wo jede vierte Stelle nicht besetzt werden kann. Auch in Forschung und Entwicklung sowie IT-Berufen gebe es erhebliche Engpässe, die die Innovationskraft gefährdeten.
Clusterregionen wie das Rhein-Main-Gebiet und Oberbayern sind dem IW zufolge besonders stark betroffen. „Diese Engpässe behindern nicht nur die Weiterentwicklung der Branche, sondern auch die Versorgungssicherheit mit wichtigen Arzneimitteln.“
Gemeinsam mit der Gewerkschaft IG BCE zieht der vfa in einem Positionspapier Schlussfolgerungen aus der Studie: Aus- und Weiterbildung müssten intensiviert und Quereinsteiger in die Pharmafirmen gelockt werden; Teilzeitbeschäftigte könnten mithilfe flexibler Arbeitszeiten für Mehrarbeit gewonnen werden.
Deutschlands wichtigste Rohstoffe liegen in den Köpfen und Händen.
Francesco Grioli, Vorstansmitglied der IG BCE
Es gebe hierzulande 4,6 Millionen Beschäftigte in Teilzeit, darunter vier Millionen Frauen. Mit einer besseren Kinderbetreuung könnte sich das ändern lassen.
„Eine Thematik, die alle betrifft, muss auch von allen angegangen werden“, forderte Francesco Grioli, Vorstandsmitglied der IG BCE, mehr Engagement der Politik, etwa bei der Ausbildung junger Leute ohne Berufsabschluss. „Deutschlands wichtigste Rohstoffe liegen in den Köpfen und Händen. Fachkräfte entwickeln, gewinnen und binden müssen wir zur obersten Priorität machen“, meinte Grioli.
Han Steutel, Präsident des vfa, betonte die Bedeutung der Zuwanderung. Zur Ausschöpfung des inländischen Fachkräftepotenzials gehöre die Integration älterer Menschen in den Arbeitsmarkt sowie von „Menschen mit Migrationshintergrund und Behinderung“. Gleichzeitig müssten Unternehmen attraktive Arbeitsbedingungen schaffen.
Besonders wichtig sei es, „An- und Ungelernte durch passgenaue Programme zu qualifizieren und den Quereinstieg in MINT-Berufe zu erleichtern“, womit naturwissenschaftliche Berufe gemeint sind. Die Bundesregierung sollte dazu Förderprogramme zur Weiterbildung weiterentwickeln und den Zugang zu den Programmen vereinfachen.
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