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Zoo-Tech: Einen Aedes-Mücke tut, was Mücken so tun.

© FawwazMedia - stock.adobe.com

3-D-Druck mit Mückenstachel: Eine krankheitsübertragende Nervensäge als Hi-Tech-Zulieferer

Nur ein totes Moskito ist ein gutes Moskito: In Kanada schaffen es Forscher, den abgetrennten Stechapparat einer Mückenart sehr sinnvoll zu nutzen.

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Dass Stechmücken ihren superdünnen Stachel durch menschliche und auch manche noch viel derbere Tierhaut bekommen, ist schon überraschend genug. Und hindurch passt dann auch noch das Mückengift in die eine und das nicht gerade dünnflüssige Blut in die andere Richtung. Es sind Leistungen der Natur, die Mikro- und Nanoingenieure bisher nicht nachmachen konnten.

Changhong Cao, Professor für Maschinenbau an der McGill University in Montreal, Kanada, ist einer von ihnen. Er und sein Team haben jahrelange Versuche, winzige Drucker für biomedizinische Anwendungen zu bauen, hinter sich. Doch je kleiner die nötigen Durchmesser der Druckerspitze wurden, desto schwieriger bis unmöglicher wurde das Unterfangen.

Innovation aus der Evolution

So entschied man sich, erzählte Cao dem Magazin „New Scientist“, in der Natur nicht nur nach Vorbildern, sondern direkt nach den nötigen Gerätschaften zu suchen.

Das Team probierte es schließlich mit jener in mehr als 100 Millionen Jahren Evolution entwickelten zoologischen Hi-Tech von Stechmücken: Die Forscher entfernten den Stachel von vorher getöteten Weibchen der Art Aedes aegypti, auch bekannt als Gelbfiebermücke, stabilisierten ihn mit einem speziellen Harz, das unter UV-Licht aushärtet, und montierten diesen dann an ein Mikro-3D-Druckgerät.

Durch die etwa 20 Mikrometer Innendurchmesser des Stachels war es tatsächlich möglich, verschiedene für Bioprinting genutzte Substanzen hindurchzupressen. So konnten gezielt dreidimensionale Strukturen mit einer Auflösung von bis zu sechs Mikrometern gedruckt werden.

Bisher erhältliche Düsen für Mikroprinting, meist aus Stahl, haben einen mindestens doppelt so großen Durchmesser. Zwar ist es möglich, Glasspitzen mit deutlich kleinerem Durchmesser zu ziehen. Das ist allerdings handwerklich höchst anspruchsvoll und teuer. Und extrem zerbrechlich sind diese Instrumente auch, schreiben Cao und sein Team in dem Fachartikel im Magazin „Science Advances“, wo sie ihren Moskito-Drucker jetzt der Öffentlichkeit vorstellen.

Der Hybrid-Apparat erwies sich als erstaunlich stabil. Er geriet aber bei zäheren Substanzen an seine Grenzen. „Es war beeindruckend“, sagte Cao dem Online-Magazin „Ars Technica“, jedoch sei es nicht möglich gewesen, „hochviskose Tinten“ hindurchzubekommen.

Das Team arbeitet laut Cao aber bereits an Weiterentwicklungen, die auch ziemlich logisch klingen: Man versucht, die Stacheldruckerspitze schlicht von außen noch besser zu stabilisieren, durch aufgebrachte Keramik-Coatings etwa.

Tod, hier ist dein Stachel

Das Team nennt die Technik „3D-Necroprinting“, was übersetzt etwas unschön „Totdruck“ bedeutet, weil man Teile getöteter Lebewesen verwendet. Es ist damit Teil eines in den vergangenen Jahren gewachsenen Forschungsbereichs namens „Necrobotics“.

Berühmt geworden sind hier etwa Versuche an der Rice University, wo tote Spinnen dadurch, dass man Luft in sie hineinpumpte, als eine Art Mini-Baggergreifarm fungieren und Lasten, die um ein Vielfaches über dem Gewicht der Spinnen liegen, anheben können.

Gelb links der Mückenstachel, darunter die von ihm gedruckten Strukturen. Rechts mit dem Gerät gedruckte Mikromuster, eins davon, passend zur kanadischen Heimat der Forscher, ein Ahornblatt.

© McGill University

Der Drucker aus Caos Labor und seine möglichen Nachfolger könnten in Zukunft etwa in der Medizin bei der Herstellung oder Reparatur von Organgerüsten und Geweben helfen oder auch hochgradig gezielte Mikroinjektionen direkt in erkrankte Gewebeteile ermöglichen.

Und wer sich schon immer gefragt hat, wofür Stechmücken eigentlich gut sind, hat jetzt endlich auch eine Antwort.

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