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Demo für ein AfD-Verbot, die vom Verfassungsschutz als extremistischer Verdachtsfall geführt wird. Von der Jugendorganisation Junge Alternative, die als gesichert rechtsextrem gilt, hatte sich die Partei getrennt. Nun soll es eine neud Nachwuchsorganisation geben.

© imago/IPON

Abgesagtes Mobilisierungstreffen von „Studis gegen Rechts“: AfD-Abgeordneter schrieb im Vorfeld an alle Berliner Uni-Präsidenten

Zwei Berliner Unis entschieden sich dagegen, linken Studierenden Raum für ein Treffen zu geben, das sich gegen die Neugründung der AfD-Jugendorganisation richtete. Dies geschah offenbar auf Druck der Berliner AfD.

Stand:

Die Freie Universität Berlin (FU) hat am vergangenen Mittwoch kurzfristig eine Veranstaltung der linken Studierendeninitiative „Studis gegen Rechts“ verboten. Auf dem Treffen, zu dem sie an den großen Berliner Universitäten aufgerufen hatten, wollten die Studierenden gegen die Neugründung der AfD-Jugendorganisation mobilisieren. Nun wurde bekannt, dass der AfD-Abgeordnete Martin Trefzer im Vorfeld an die Präsident:innen der drei Unis geschrieben hatte.

Im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses an diesem Montag hatte Tobias Schulze, wissenschaftspolitischer Sprecher und Fraktionsvorsitzender der Berliner Linken, an die Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) gerichtet gefragt, ob ihr dafür Anhaltspunkte vorlägen. Czyborra verneinte das zwar. Woraufhin Trefzer, wissenschaftspolitischer Sprecher der AfD, den Ausschuss aber über sein Schreiben an die Uni-Präsident:innen informierte.

„Ich habe die Präsidenten von HU, FU und TU am Mittwoch angeschrieben, um sie darüber zu informieren, dass die Verletzung des Neutralitätsgebots zu befürchten ist.“

Am Tag der „Aktionskonferenz“ von Studis gegen Rechts hatte die Humboldt-Universität (HU) dem Tagesspiegel bereits mitgeteilt, die AfD habe sich über die geplante Konferenz beschwert. Die HU hatte laut der Sprecherin diese aber gar nicht erst zugelassen. Weil auf Instagram dennoch dazu aufgerufen wurde, erinnerte die HU die Studierenden daraufhin erneut an das Verbot.

Die FU hatte ihr kurzfristiges Verbot mit dem Gebot parteipolitischer Neutralität begründet. Erst nach Raumvergabe sei deutlich geworden, dass die Studi-Veranstaltung sich explizit gegen die AfD und ihre geplante neue Jugendorganisation richte.

Czyborra: Unis können autonom entscheiden

Die Technischen Universität (TU) entschied sich als einzige dafür, dem Aktionstreffen Raum zu geben. Hunderte Personen nahmen am Mittwoch daran teil.

Ein Flyer zur Veranstaltung rief dazu auf, am 29. November für einen Protest nach Gießen zu kommen. Dort soll die AfD-Jugendorganisation „Generation Deutschland“ gegründet werden, nachdem sich die Partei in diesem Jahr von der als gesichert rechtsextrem eingestuften „Jungen Alternative“ als Nachwuchs-Organisation getrennt hatte. Die Studis gegen Rechts wollen laut des Flyers verhindern, dass „die AfD ihre faschistische Jugendorganisation neu gründen kann“.

Trefzer warf Czyborra im Ausschuss mehrmals vor, dass die Wissenschaftsverwaltung nicht eingegriffen habe. Gemeint war damit wohl die TU.

Im Treppenhaus des Henry-Ford-Baus der FU Berlin sind prominente Unterstützer der Uni zu sehen.

© imago/Schöning

Die Senatorin wies die Kritik zurück: Die Präsidien entschieden selbstständig, „ob eine Veranstaltung geeignet ist, gegen die Neutralitätspflicht zu verstoßen“. Das Instrument der Rechtsaufsicht, also die Möglichkeit des Senats an den Hochschulen bei staatlichen Grundsatzfragen einzugreifen, gelte es, mit Bedacht zu verwenden. „Wenn wir bei jeder Raumvergabe eingreifen würden, wäre von der Hochschulautonomie nicht mehr viel übrig“.

Auf Kritik am Verbot der Veranstaltung wiederum antwortete Czyborra mit Verweis auf das Neutralitätsgebot: Die Entscheidung von HU und FU sei daher „rechtlich nicht zu beanstanden“. Mit Blick auf den unterschiedlichen Umgang der Uni in der Sache sagte sie, man könne eben zu verschiedenen Bewertungen des Sachverhalts kommen.

Staatliche Hochschulen sind verpflichtet, politische und weltanschauliche Neutralität wahren und sich nicht einseitig für oder gegen eine Partei zu positionieren. Diskussionen über Politik und Parteien sind aber, solange ausgewogen, möglich, das garantiert die Wissenschaftsfreiheit. Für die Studierendenschaft gilt das Gebot ebenso. Ihre Gruppen dürfen zwar politisch und parteinah sein. Streng genommen dürfen sie sich aber nur hochschul-, nicht allgemeinpolitisch äußern. Wo hier die Grenze liegt, wird immer wieder diskutiert. Studi-Verbände kritisieren diese Regelung schon länger.

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