zum Hauptinhalt
Der Schriftzug „Freie Universität Berlin“ ist an der Fassade eines Uni-Gebäudes auf dem Campus der FU angebracht (Archivbild vom 08.02.2024).

© dpa/Monika Skolimowska

Abmahnung nicht rechtmäßig: Mitarbeiter darf Freie Universität Berlin kritisieren

Sie befördere den Rechtsruck, kritisierte ein FU-Mitarbeiter seine Uni öffentlich. Der Gewerkschafter kassierte eine Abmahnung – zu Unrecht, entschied nun das Arbeitsgericht.

Stand:

Die Freie Universität (FU) Berlin fördere mit ihrem Verhalten gegenüber den eigenen Mitarbeitern den Rechtsruck in der Gesellschaft: Dies darf ein Mitglied einer Uni-Gewerkschaftsgruppe behaupten und darf dafür nicht abgemahnt werden. Das entschied nun das Arbeitsgericht Berlin.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig – die FU hat Berufung eingelegt.

Der Vorstand der Verdi-Betriebsgruppe an der FU hatte Ende Januar 2024 in einem Blogeintrag zur Teilnahme an einem Aktionstag auch gegen die AfD aufgerufen. Dabei hatte er das Präsidium der Universität für die Arbeitsbedingungen kritisiert.

Wer wie die FU „Tarifverträge nicht einhält, bekämpft aktiv Mitbestimmung und demokratische Prozesse und sorgt so für politischen Verdruss“, heißt es in dem Beitrag, der sich nach wie vor auf den Seiten von „Verdi FU“ findet. Damit fördere die Uni „den Rechtsruck und den Aufstieg der AfD“.

Rechtes Denken gedeihe in einem „Klima der Prekarität“. Schlechter bezahlte Beschäftigtengruppen wie Reinigungskräfte, die von migrantischen Personen dominiert seien, würden zudem „ausgegliedert“, damit aus der Betriebsgemeinschaft ausgegrenzt und schlechter gestellt: „Damit bereiten die regierenden Parteien und gewerkschaftsfeindliche Arbeitgeber der AfD und den Rechten das Feld“, heißt es im Beitrag.

Uni sah Ehrverletzung

Für diese Aussagen wurde der Vorstand von der Uni Anfang März 2024 abgemahnt. Die FU sah sich in ihrer Ehre verletzt und damit die Treue- und Loyalitätspflichten, die ein Arbeitnehmer einzuhalten habe. Das Vorstandsmitglied klagte auf Entfernung der Abmahnung.

Das Arbeitsgericht gab dem nun statt: Es begründete seine Entscheidung mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit des Mitarbeiters, das gegen die Rücksichtnahme auf die Arbeitgeberin abzuwägen sei. Die Grenze zur Schmähkritik sei nicht überschritten worden.

Die Aussagen enthielten „zum Teil Behauptungen mit einem wahren Tatsachenkern“, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts. Tarifliche Entgelte seien tatsächlich erst verzögert an externe Dienstleister ausgezahlt worden, davon seien eine hohe Zahl migrantischer Beschäftigter betroffen gewesen.

Umgekehrtes Ergebnis

In einem Parallelfall mit einem anderen Mitarbeiter hatte das Arbeitsgericht erst im Januar 2025 anders entschieden und eine Abmahnung der FU für rechtens erklärt. Die Klage des Arbeitnehmers, die Universität solle die Abmahnung rückgängig machen, wies das Gericht ab.

Hier gewichtete eine andere Kammer anders: Die Pflicht zur Rücksichtnahme im Arbeitsverhältnis sei durch den Arbeitnehmer verletzt worden. Es sei zwar von einer Meinungsäußerung auszugehen, es handele sich aber um Schmähkritik. 

Hinweis: In einer früheren Version des Artikels war von einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes die Rede, es handelt sich aber um das Arbeitsgericht Berlin.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })