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Dart vor dem Aufprall, Illustration.

© NASA/Johns Hopkins APL/Steve Gri

Armageddon abwendbar?: Sonde hat Asteroiden überraschend stark abgelenkt

Immer wieder wird die Erde von kleinen oder großen Asteroiden getroffen – den Dinosauriern wurde das zum Verhängnis. Ein erster Test, ob man die Himmelskörper ablenken könnte, verlief überraschend erfolgreich.

Von Rainer Kayser, dpa

Die Menschheit kann sich gegen gefährliche Asteroiden wehren. Das ist das wichtigste Ergebnis der Mission „Dart“: Am 26. September vergangenen Jahres schlug die 570 Kilogramm schwere Sonde auf dem Asteroiden-Mond Dimorphos ein – und änderte wie erhofft dessen Umlaufbahn. Und zwar wesentlich stärker als erwartet, wie die US-Raumfahrtbehörde Nasa schon wenige Tage später bekannt gab.

Nun veröffentlichen die beteiligten Forschungsteams im Fachblatt „Nature“ detaillierte Beobachtungen und Analysen des „Dart“-Aufpralls – und liefern eine Erklärung für die überraschend große Änderung der Umlaufbahn von Dimorphos.

„Dart“ – die Abkürzung steht für „Double Asteroid Redirection Test“ – hatte sich am 24. November 2021 auf den Weg zu dem 780 Meter großen Asteroiden Didymos gemacht. Der kleine Himmelskörper kreist in der Nähe der Erdbahn um die Sonne und ist deshalb für Raumsonden leicht erreichbar.

Kollision von DART und Didymos, aufgenommen vom Hubble-Weltraumteleskop. Im obersten Bild sieht man geschätzte 900.000 kg Staub und Trümmer, die zwei Stunden nach dem Aufprall ins All geschleudert wurden. Mittleres Bild: 17 Stunden nach dem Aufprall wird die Trümmerwolke von den Gravitationskräften im binären Didymos-Dimorphos-System zerstreut. Unteres Bild: Staub und Trümmer werden in den kometenähnlichen Schweif gezogen.

© NASA, ESA, STScI, J. Li (PSI)

Wichtiger noch ist aber, dass Didymos mit Dimorphos einen 160 Meter großen Mond besitzt. Und die Umlaufbahn von Dimorphos um Didymos ließ sich sowohl vor als auch nach dem Einschlag von „Dart“ exakt vermessen. Bei einem einzelnen Asteroiden wäre es nicht möglich gewesen, den Effekt des Zusammenpralls mit so großer Genauigkeit zu bestimmen. Am 26. September 2022 war es dann so weit: „Dart“ schlug wie geplant mit einer Geschwindigkeit von knapp 24 000 Kilometern pro Stunde auf dem Asteroiden-Mond ein.

Überraschend effektiv

„Der Einschlag von ‘Dart’ war überraschend effektiv darin, die Bahn von Dimorphos abzulenken“, schreiben Andrew Cheng von der Johns Hopkins University in College Park (US-Bundesstaat Maryland) und seine Kollegen. Die Geschwindigkeit des kleinen Mondes hat sich durch den Einschlag um etwa zehn Meter pro Stunde verringert. Das klingt nach wenig, führte jedoch zu einer deutlichen Änderung der Umlaufbahn und führte den Mond näher an Didymos heran. Dadurch verkürzte sich seine knapp zwölfstündige Umlaufzeit um 33 Minuten. Erwartet hatten die Forscher selbst unter optimistischen Bedingungen eine Änderung von maximal zehn Minuten.

Letztes Bild der felsigen Oberfläche von Dimorphos, von DART aus elf Kilometer Entfernung aufgenommen.

© NASA/Johns Hopkins APL.

Die Wissenschaftler beobachteten mit zahlreichen Teleskopen auf der Erde und im Weltall nicht nur genau die Bahn von Dimorphos, sondern auch den von der Kollision ausgelösten Ausstoß einer Trümmerwolke, die sich rasch im Weltall ausbreitete. Neben dem Weltraumteleskop „Hubble“ beteiligten sich viele Hobby-Astronomen auf der ganzen Welt an diesen Messungen. Insgesamt, so schätzen Ariel Graykowski vom Seti-Institut in Mountain View (US-Bundesstaat Kalifornien) und ihre Kollegen auf Basis dieser Daten, habe Dimorphos mindestens 0,3 bis 0,5 Prozent seiner Masse ins Weltall ausgestoßen – das sind etwa 12 000 Tonnen Gestein.

Genaue Rekonstruktion

Zusätzlich zu diesen Beobachtungen liefern Terik Daly von der Johns Hopkins University und sein Team anhand der von „Dart“ zur Erde gefunkten Bilder eine genaue Rekonstruktion des Aufpralls. Der Einschlag erfolgte demnach genau zwischen zwei großen Gesteinsbrocken auf der Oberfläche, von denen die Sonde einen unmittelbar vor dem Aufprall streifte. Zusammengenommen zeigen die Daten und Analysen, dass es der Rückstoß der durch den Aufprall ins Weltall herausgeschleuderten Materie war, der die erstaunlich große Bahnänderung bewirkt hat.

„Dieser Auswurf trägt erheblich stärker zur Bahnänderung bei als der eigentliche Aufprall“, fassen Cheng und seine Kollegen zusammen. Und dieses Wissen ist von erheblicher Bedeutung, sollte sich tatsächlich einmal ein Asteroid auf Kollisionskurs mit der Erde befinden.

Allerdings hängt die Wirkung eines gezielten Aufpralls auch davon ab, woraus ein Himmelskörper besteht und wie er aufgebaut ist. Deshalb plant die europäische Raumfahrtagentur Esa in Zusammenarbeit mit der Nasa die Entsendung einer weiteren Raumsonde in das Didymos-Dimorphos-System.

Die „Hera“ genannte Mission soll im Oktober 2024 starten und den Asteroiden-Mond und insbesondere auch den Einschlagkrater von „Dart“ mit zahlreichen Instrumenten sowie zwei kleinen Nanosatelliten genau unter die Lupe nehmen.

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