
© Safavi Lab
Das Gift der Landkarten-Kegelschnecke: Tödliche Toxine mit heilender Wirkung
Der Landkartenkegel setzt seine Beute mit einem Giftcocktail außer Gefecht, der selbst für Menschen gefährlich ist. Doch er ist auch eine mögliche Quelle neuer Medikamente.
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Das Gift der Landkarten-Kegelschnecke gehört zu den für den Menschen gefährlichsten Toxinen der Welt. Doch es könnte Stoffe enthalten, mit denen Diabetes und Hormonstörungen besser behandelt werden können, berichtet ein internationales Forschungsteam im Fachblatt „Nature Communications“.
Der Landkartenkegel (Conus geographus) ist in Korallenriffen im Indopazifik, im Roten Meer und im Indischen Ozean weit verbreitet. Die Schnecke ernährt sich vor allem von kleinen Fischen, die sie erbeutet, indem sie einen schlauchartigen Fangsack an ihrer Mundöffnung ausstülpt. Die Beute wird mit einem Giftzahn gestochen und am Stück verschluckt.
Zusätzlich ins Wasser freigesetztes Gift enthält einen Insulin-ähnlichen Stoff, wie eine Gruppe um die Biologin Helena Safavi von der Universität von Utah schon 2015 entdeckte. Dieses Toxin senkt bei Fischen den Blutzuckerspiegel schlagartig, sie reagieren langsamer und sind in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt.
Unterstützt die Jagdstrategie des Räubers
Nun hat das Team um Safavi das Gift des Landkartenkegels genauer untersucht und festgestellt, dass dieses neben Insulin noch ein Toxin enthält, das dem menschlichen Hormon Somatostatin ähnelt. Somatostatin wirke „wie ein Bremspedal im menschlichen Körper“ und verhindere, dass etwa Blutzucker- oder bestimmte Hormonspiegel gefährlich hoch anstiegen, so die Gruppe.
Giftige Tiere haben durch Evolution die Giftbestandteile verfeinert, um ein bestimmtes Ziel in der Beute zu treffen und zu stören.
Biologin Helena Safavi von der Universität von Utah.
Das Kegelschneckentoxin Consomatin wirke ähnlich, so die Forschenden: Es unterstützt die Jagdstrategie des Räubers, indem es den bei seinen Beutetieren gesenkten Blutzuckerspiegel davon abhält, sich zu erholen.
Im Vergleich zum menschlichen Hormon wirke das Consomatin aber stabiler und spezifischer. Daher könnte es eine Grundlage für die Entwicklung neuer, besserer Medikamente sein.
Dass ausgerechnet ein tödliches Gift dabei helfen könnte, bessere Medikamente zu finden, sei nur auf den ersten Blick widersprüchlich, so Biologin Safavi in einer Mitteilung: Die Letalität der Gifte werde oft durch die gezielte Ansprache spezifischer Moleküle im Körper des Opfers unterstützt.
Eben jene Präzision könne bei der Behandlung von Krankheiten außerordentlich nützlich sein. „Giftige Tiere haben durch Evolution die Giftbestandteile verfeinert, um ein bestimmtes Ziel in der Beute zu treffen und zu stören“, sagt Safavi.
Erstautorin und Biochemikerin Ho Yan Yeung vermutet, dass im Gift nicht nur Insulin und Somatostatin-ähnliche Toxine vorhanden sein könnten. „Es könnten potenziell auch andere Toxine mit glukoseregulierenden Eigenschaften vorhanden sein.“ Solche Stoffe könnten verwendet werden, um bessere Diabetes-Medikamente zu entwickeln.
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