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Spuren im Sand. Fußabdruck eines Astronauten der Apollo-11-Mission auf dem Mond.

© dapd

Neil Armstrongs Spuren: Der Traum vom Mond

Die Apollo 11-Mission erfüllte einen Menschheitstraum und stellt bis heute den Höhepunkt der Raumfahrt dar. Und Neil Armstrong, ein sympathischer Jedermann, war ihr Gesicht.

Am Anfang war der Traum vom Mond. Von einem geheimnisvollen Himmelskörper, dessen bleiches Angesicht die Fantasie beflügelt und den Einsamen tröstet. Als Neil Armstrong am 21.Juli 1969 morgens um drei Uhr 56 als erster Mensch den Erdtrabanten betrat, wurde der Traum Wirklichkeit. Zumindest für zwei Stunden und 19 Minuten. Dann erhob sich die Mondfähre wieder aus dem Meer der Stille, um zur Apollo-11-Raumkapsel zurückzuschweben.

Bis zu Apollo 11 konnte man nur mit poetischen Mitteln den Mond erreichen. Vor 100 Jahren etwa veröffentlichte der deutsche Schriftsteller Gerdt von Bassewitz das Märchen „Peterchens Mondfahrt“. In dem fliegen die Kinder Peter und Anneliese gemeinsam mit dem Maikäfer Sumsemann nächtens zum Mond, untermalt von den Klängen einer kleinen silbernen Geige, auf der Sumsemann ununterbrochen spielt.

Bald darauf wurde der Traum realer. 1923 veröffentlichte der siebenbürgische Gymnasiallehrer Hermann Oberth seine Denkschrift „Die Rakete zu den Planetenräumen“. Oberth war als Jugendlicher von Autoren wie Jules Verne inspiriert worden. In seinem Buch, einer von der Heidelberger Universität abgelehnten Doktorarbeit im Fach Physik, machte Oberth genaue Vorschläge, wie man in den Weltraum gelangen könnte: mit einer großen Rakete – nicht, wie bei Jules Verne, mit einer Kanonenkugel oder, wie bei Bassewitz, beflügelt von Geigenklängen.

Bildergalerie: Neil Armstrong und die Mondlandung:

Es fehlte nur noch jemand, der die Vision in die Tat umsetzte und Menschen ins Weltall reisen ließ. Dieser jemand war Oberths Schüler Wernher von Braun. Der Ingenieur leitete während des Zweiten Weltkriegs das deutsche militärische Raketenprogramm und baute mit der „V 2“ ein Projektil, das bis ins Weltall vorstieß.

Nach dem Krieg machte von Braun in den USA rasch Karriere, auch wenn die Amerikaner dem „Raketenmann“ mit einer Mischung aus Bewunderung und Argwohn gegenübertraten. So sehr von Braun sich auch bemühte, fortan ein mustergültiger Amerikaner zu sein – seine Vergangenheit als leitender Waffenbauer gegen die Alliierten blieb an ihm haften. Mit der gigantischen, mehr als 100 Meter hohen Saturn 5 konstruierte von Braun die Rakete, die Apollo 11 zum Mond bringen sollte. Kein Maikäfer, sondern eine dröhnende Höllenmaschine, deren Eingeweide mit Millionen Litern hochexplosiven Treibstoffs gefüllt waren.

Der bescheidenen Armstrong: kein Starkult, keine Werbeverträge

Neil Armstrong im Jahr 2011.
Neil Armstrong im Jahr 2011.

© dpa

Von Braun war der Kopf hinter der Mondlandung. Der Mensch aber, dessen Name und Gesicht sich für immer mit ihr verknüpfen wird, ist Neil Armstrong. Kein Visionär mit dunkler Vergangenheit, sondern ein pragmatischer, mit allen Wassern gewaschener Testpilot. „Ehrlich gesagt habe ich nie davon geträumt, auf dem Mond zu sein“, erinnerte er sich später. Es war Armstrongs blitzschnelle Reaktionsfähigkeit und sein Manövriergeschick, die das halsbrecherische Landungsmanöver glücken ließen.

Armstrong war ein Jedermann, oder zumindest vermittelte er in aller Bescheidenheit diesen Eindruck. Er mied jeden Nasa-Starkult, trat nur selten in der Öffentlichkeit auf, gab so gut wie keine Interviews und unterschrieb keine Werbeverträge. Er sei sehr stolz darauf, ein „Nerd“ (Streber) zu sein, bekannte er einmal. „Ich bin ein nerdiger Ingenieur in weißen Socken und mit Hemdtaschenschutz (ein Futteral aus Plastik für Kugelschreiber in Hemdtaschen, Anm. d. Red.), und ich werde es immer bleiben.“

Nur kurz nach der Rückkehr auf die Erde besuchten Neil Armstrong und seine Crew Berlin. Eine Erinnerung daran.

Armstrongs trotziger Eigensinn und seine Natürlichkeit machten ihn nur noch populärer. Sie verliehen seinen Worten umso mehr Gewicht, als er US-Präsident Obama vor einigen Jahren scharf kritisierte. Obama hatte Nasa-Pläne für neue bemannte Mondmissionen gestrichen. Und noch im September 2011 war Armstrong vor Vertretern des amerikanischen Repräsentantenhauses dafür eingetreten, Vertrauen und Zuversicht der Nasa-Mitarbeiter wiederherzustellen.

Die Mondlandung stellt bis heute ohne Zweifel den Höhepunkt der Raumfahrt dar. Aber auf die Euphorie folgte bald die Ernüchterung. Der magische Moment, in dem ein Mensch den Mondboden berührte, das Unerreichbare erreichte, ließ sich nicht beliebig wiederholen. Wir waren da – und nun? Der Mond hüllte sich weiter in Schweigen.

Verständlich, dass Armstrong für die Zukunft seiner Nasa-Kollegen kämpfte. Betrachtet man allerdings die Entwicklung der letzten Jahrzehnte als Ganzes, gibt es weniger Grund für Pessimismus. Missionen wie Apollo 11 haben den Horizont buchstäblich erweitert. Teleskope ermöglichten ungeheure Einblicke in die Tiefen des Alls, Astronomen und Kosmologen revolutionierten das Verständnis des Universums und seines Entstehens. Das Bewusstsein, dass die Erde Teil eines gewaltigen Ganzen ist, wächst. Die Reise ins All hat gerade erst begonnen.

„Das nächste Mal, wenn Sie draußen in einer klaren Nacht spazieren gehen und der Mond auf Sie herablächelt, denken Sie an Neil Armstrong und zwinkern Sie ihm zu“, hat Armstrongs Familie mitgeteilt. Vielleicht blinzelt er ja zurück.

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