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Das historische HU-Hauptgebäude. - mit Passanten auf dem Bürgersteig davor.

© imago/Seeliger

Hochschul-Prüfung für Geflüchtete: Ein Test an der Humboldt-Uni, um in der Ukraine zu studieren

Wer in der Ukraine studieren will, muss nach der 11. Klasse einen "nationalen Multifachtest" absolvieren. Ein Testzentrum entsteht jetzt auch in Berlin.

Jetzt noch in Berlin, aber ab Herbst in der Ukraine an die Uni? Für junge Flüchtlinge, die ihren Schulabschluss mitgebracht oder ihr elftes Schuljahr am Fluchtort mit Onlineunterricht vollendet haben, kann das eine Option sein.

Das gilt zumindest für Gebiete der Ukraine, die nicht russisch okkupiert beziehungsweise aktuell nicht umkämpft sind. Temporäre Prüfungszentren an deutschen Unis sollen den Jugendlichen nun diesen Weg eröffnen.

Die Humboldt-Universität zu Berlin ist einer von sechs Standorten bundesweit, an denen zwischen dem 22. Juli und dem 3. Oktober dieses Jahres ukrainische Hochschulzugangstests abgenommen werden - nach standardisierten Prüfungsaufgaben aus der Ukraine. Dort lernen Schülerinnen und Schüler traditionell bis zur 11. Klasse, wer studieren will, muss eine externe staatliche Prüfung ablegen.

Diese "Externe unabhängige Bewertung" wird vom Ukrainischen Zentrum für Bewertung der Bildungsqualität organisiert. Abgeprüft werden allgemeinbildende Fächer, die für das gewünschte Studienfach relevant sind, wie es auf dem Informationsportal zu ausländischen Bildungsabschlüssen anabin der Kultusministerkonferenz (KMK) heißt. Ab diesem Jahr sollte die Prüfung laut anabin als "Nationaler Multifachtest" abgenommen werden.

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Jugendliche, die daran fluchtbedingt nicht in der Ukraine teilnehmen können, aber ein Studium in der Heimat anstreben, können dies nun bei Online-Examina an den sechs deutschen Standorten tun. Neben der HU in Berlin sind dies die Unis in Frankfurt am Main, Hamburg, Köln und Leipzig sowie das Kulturzentrum "Gorod" in München.

Ukraine rechnet mit vielen jugendlichen Rückkehrern

Angesichts des Leids, den der russische Angriffskrieg über die Ukraine und die Menschen dort gebracht hat, sei es "umso beeindruckender, wie sich viele junge Ukrainerinnen und Ukrainer auf ein Studium in ihrer Heimat und damit ihre Zukunft vorbereiten", erklärte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) am Donnerstag.

An sie hatte sich der ukrainische Bildungsminister Serhiy Shkarlet mit der Bitte gewandt, Prüfungszentren in Deutschland einzurichten. Parallel sollen Prüfungszentren in allen europäischen Ländern entstehen, in denen Geflüchtete aus der Ukraine leben. Hintergrund ist die Erwartung der Ukraine, dass die große Mehrzahl der geflüchteten Kinder und Jugendlichen in ihre Heimat zurückkehren werde.

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Studierende sitzen an Computerbildschirmen und absolvieren eine Online-Prüfung.
Die jungen Ukrainer:innen erwartet an sechs Standorten bundesweit eine Online-Prüfung zu allgemeinbildenden Schulfächern (im Bild: Studierende in einer Online-Prüfung an der Uni Mainz).

© Fredrik von Erichsen/picture alliance / dpa

Das hatte Minister Shkarlet am 10. Mai in einem Videotelefonat mit seiner Amtskollegin Stark-Watzinger klar gemacht. Ukrainische und deutsche Stellen rechnen nach einer Mitteilung des BMBF, der KMK und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) aktuell mit rund 5500 Test-Teilnehmenden an den sechs Standorten. Die Suche nach den passenden Unis hatte die HRK übernommen.

Für den Weg an eine deutsche Uni bringt der Test nichts

Die Standorte müssen über ausreichend freie Computerarbeitsplätze mit Internetanbindung und über sprachkundiges Personal verfügen, das etwa die Identität der Prüflinge verifizieren und sie bei den Tests betreuen solle, heißt es. Dass noch mehr als die jetzt ausgewählten Unis dazu bereit waren, sei "ein starkes Zeichen der Solidarität" des deutschen Hochschulsystems, erklärte HRK-Präsident Peter-André Alt.

[Wie aus Geflüchteten Erasmus-Studierende werden - eine Begegnung mit jungen Ukrainer:innen an der Freien Universtität Berlin (Tagesspiegel Plus/€]

KMK-Präsidentin Karin Prien (CDU) hob hervor, dass durch das Testangebot an die jungen Ukrainer:innen "Brüche in ihrer Bildungsbiografie" vermieden würden. So könne man dazu beitragen, "zumindest im Bereich der Bildung Kriegsfolgen abzumildern".

Bei der Aufnahme eines Studiums in Deutschland hilft der zentrale Test den ukrainischen Schulabsolvent:innen nicht unmittelbar. Auch nach Bestehen der "Externen unabhängigen Bewertung" beziehungsweise des "Nationalen Multifachtests" wird der Abschluss der 11. Klasse nicht als Äquivalent zum deutschen Abitur anerkannt. Die Jugendlichen müssen das Studienkolleg einer deutschen Hochschule oder eine sogenannte Feststellungsprüfung absolvieren.

Nur wer nach der 11. Klasse und der zentralen nationalen Prüfung auch schon erste Studienzeiten in der Ukraine nachweisen kann, hat eine Chance auf einen direkten Hochschulzugang in Deutschland. Nach einer erfolgreichen Bewerbung auf einen regulären Studienplatz können sie seit Kurzem auch Bafög beziehen. Dieses hatte die Bundesregierung zum 1. Juni für Geflüchtete aus der Ukraine geöffnet.

Doch auch junge Zufluchtsuchende, die online in der Ukraine studieren, oder solche, die als Gast- oder Austauschstudierende an deutschen Unis sind, haben Anspruch auf Sozialleistungen: Sie können Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II beziehen.

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