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Antisemitismus-Forschung: „Feindbilder erkennen und bekämpfen“

Der Präsident der Technischen Universität verteidigt die Antisemitismusforscher seiner Hochschule. Der Historiker Wolfgang Benz legt den zweiten Band des Handbuchs des Antisemitismus vor.

Der Präsident der Technischen Universität, Kurt Kutzler, hat das Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA) gegen Kritiker verteidigt. Bei der Vorstellung des neuen ZfA-Handbuchs ordnete Kutzler die Aufgaben des 1982 von Herbert Strauss gegründeten Instituts in einen großen Zusammenhang ein: Seine wichtigste Tätigkeit bestehe in der Aufklärung von Vorurteilen. Das Institut sei einzigartig in Europa und besitze ein weltweites Renommee.

Über den Antisemitismus hinaus gebe es auch heute Konflikte mit großen ethnischen Minderheiten, die sich in Vorurteilen, Diskriminierungen bis hin zum Völkermord zeigten. Solide Forschung sei die Basis, um Feindbilder erkennen und bekämpfen zu können. Auch die Erforschung von Vorurteilen gegenüber dem Islam sei daher eine legitime Aufgabe des Instituts, das sich mit einer Tagung vor einem Jahr dieses Themas angenommen hatte und deswegen in die Kritik geraten war. Kutzler wies den Verdacht zurück, die Universität werde für einseitige Propaganda in Anspruch genommen.

Gleichzeitig kündigte Kutzler an, dass die Technische Universität ihre eigene Geschichte der rassisch-politischen Verfolgungen in den Jahren von 1933 bis 1945 noch aufarbeiten müsse. Eine entsprechende Veröffentlichung werde die Technische Universität in zwei Jahren vorlegen. Im Nationalsozialismus war die damalige Technische Hochschule Charlottenburg zu einem Zentrum der Rüstungsforschung erklärt worden. Die Trümmer der damals errichteten „Wehrtechnischen Fakultät“ liegen unter dem Teufelsberg.

ZfA-Leiter Wolfgang Benz erklärte, dass sich seit dem Gazakrieg antisemitische Vorfälle häuften, so dass man von einer neuen Qualität des Antisemitismus sprechen könne. Das „Handbuch des Antisemitismus“ ist auf sieben Bände angelegt und wird bei de Gruyter verlegt. Der jetzt vorgelegte zweite Band enthält die Biografien von 650 Persönlichkeiten, die im Antisemitismus von der Spätantike bis zur Gegenwart eine Rolle gespielt haben, darunter sind Judenfeinde und Förderer des Antisemitismus ebenso vertreten wie prominente Opfer.

Genannt seien unter den Opfern Alfred Dreyfus, Walther Rathenau und Emil Julius Gumbel (ein Kritiker der einseitigen politischen Justiz in der Weimarer Republik). Unter den Vorkämpfern der Aufklärung gegen die Judenfeindschaft wird Moses Mendelssohn ebenso gewürdigt wie Gotthold Ephraim Lessing. Neben bekannten Antisemiten wie Richard Wagner, Houston Stewart Chamberlain und Henry Ford werden auch heute lebende Antisemiten wie David Irving, Horst Mahler, Bischof Richard Williamson und Mahmud Ahmadinedschad genannt. Die Forscher haben jedoch auch bei Theodor Fontane, Thomas Mann, Martin Luther und Papst Pius XII. antisemitische Haltungen entdeckt.

Wolfgang Benz (Hrsg.): Handbuch des Antisemitismus, Band 2. De Gruyter, Berlin, 2010. 934 S. Dieser Band des Handbuchs ist bis zum 31. März 2010 zum Subskriptionspreis von 159,95 Euro erhältlich.

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