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Kolumnist George Turner.

© Mike Wolff

Turners Thesen: Föderalismus in der Sackgasse

Die Föderalismusreform ist in der Sackgasse gelandet. Die Länder haben die Möglichkeit der Gestaltung; ihnen fehlen aber die Mittel dazu. Der Bund hat das Geld, darf aber nicht so, wie er möchte, meint unser Kolumnist George Turner, Wissenschaftssenator a.D.

Seit der Föderalismusreform von 2006 sind die Bundesländer im Bereich der Bildungsfinanzierung allein zuständig; es herrscht ein Kooperationsverbot. Durch die erste Große Koalition auf Bundesebene (1966–69) war das Grundgesetz dahin geändert worden, dass Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern formuliert worden sind und dem Bund eine Kompetenz zur Rahmengesetzgebung für das Hochschulwesen eingeräumt wurde. Das hat sich lange als segensreich erwiesen, nicht zuletzt, weil damit eine finanzielle Beteiligung des Bundes einherging.

Im Jahr 2002 wurden die Länder durch extreme Gesetzesvorhaben von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn, SPD, aufgeschreckt (Verbot von Studiengebühren, Abschaffung der Habilitation, Einführung der verfassten Studierendenschaft). Zwar hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2005 sämtliche Änderungen des Hochschulrahmengesetzes für verfassungswidrig erklärt. Dennoch war nachvollziehbar, dass die Länder entsprechenden Tendenzen einen Riegel vorschieben wollten. Auch wegen der Beteiligung des Bundes am Ausbau von Ganztagsschulen hatten die Länder fachliche Vorgaben des Bundes und damit die Erosion ihrer verfassungspolitischen Kulturhoheit im Bereich der Bildung befürchtet.

Die Föderalismusreform ist in der Sackgasse gelandet. Die Länder haben die Möglichkeit der Gestaltung; ihnen fehlen aber zum Teil die Mittel dazu. Der Bund hat das Geld, darf aber nicht so, wie er möchte. Die Befürworter eines aus dieser Situation abgeleiteten rigiden Zentralismus auf dem Gebiet der Bildung aber würden sich die Augen reiben, wenn der Bund einmal ganz andere Saiten aufzöge.

Die Abschaffung der Mischfinanzierung war mit Sicherheit falsch. Am besten wäre, man machte sie rückgängig und stellte den vorigen Zustand wieder her. Dann gäbe es keine Diskussion darüber, ob auch Schulen gefördert werden dürfen. So besteht die Gefahr, dass vor lauter Grundsatzdebatten auch ein Ziel, in dem alle einig zu sein scheinen, nämlich die bessere Ausstattung der Hochschulen mithilfe von Bundesmitteln, verfehlt wird.

Da letztlich alles eine Frage des Geldes ist, wäre es noch besser, man kämpfte sich zu einer Finanzreform durch; am allerbesten wäre, man erreichte eine Neugliederung des Bundesgebiets: statt 16 sieben oder acht Länder und eine finanziell abgesicherte föderale Struktur. Aber das wird wohl ein Traum bleiben.

- Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schicken: g.turner@tagesspiegel.de

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