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Hochschulpolitik unter Schwarz-Rot: Was die Studierenden auf die Agenda setzen
Anliegen der Berliner Studierenden könnten von CDU und SPD nicht ernst genug genommen werden, kritisieren Asta-Sprecher. Dabei dränge schon jetzt bei wichtigen Themen die Zeit.
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Ob mangelnde Wohnheimplätze, psychische Belastung oder Geldsorgen: Viele junge Menschen studieren in Berlin unter erschwerten Bedingungen, fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Hört man sich unter den Berliner Studierendenvertretungen um, klingt mit Blick auf den Regierungswechsel in Berlin eher Sorge an. Es sei ohnehin bereits schwer, Studi-Themen auf die Tagesordnung zu bringen und die eigenen Forderungen umzusetzen. Mit einer Neubesetzung des Senats und der zuständigen Verwaltungen seien nun weitere Verzögerungen bei drängenden Themen zu erwarten.
Als Beispiel nennt Benjamin Kley, Studierendenverteter im „RefRat“ der Humboldt-Universität, flexiblere Prüfungsregelungen. Im Zuge der Pandemie wurde Studierenden im Rahmen des „Corona-Schutzschirms für Hochschulen“ hier landesweit mehr Kulanz eingeräumt. So galt bis zum Sommersemester 2022 etwa: Fällt man bei einer Klausur durch, die man beim zweiten Mal bestehen muss um sein Studium fortzusetzen, zählt das nicht als Versuch.
Sonderregel für Prüfung noch immer offen
Ob diese Regelung auch noch im Wintersemester 2022/23 angewendet wird, das bereits in zwei Wochen endet, ist noch immer offen. „Die Entscheidung wurde ewig verschleppt – ob sie noch in diesen Tagen vom Abgeordnetenhaus abgestimmt wird, wissen wir nicht“, beklagt Kley. Durch die Verzögerung sei das Ziel, den Studierenden den Druck zu nehmen, ohnehin schon verfehlt worden.
Der Asta-Sprecher der TU-Berlin, Gabriel Tiedje, befürchtet, dass unter Schwarz-Rot ein Paragraf in der Novelle des Hochschulgesetzes gekippt werden könnte, der Studierenden ebenfalls mehr Flexibilität bei Prüfungen einräumen soll. Alle Berliner Dozent:innen werden demnach verpflichtet, schon zu Beginn des Semesters einen zweiten Prüfungstermin zu Beginn des Folgesemesters anzugeben. „Weil dafür neue Klausuren konzipiert werden müssen, was mehr Arbeitsaufwand bedeutet, stieß das bei den Unis auf großen Widerstand.“
Die nächste Verwaltung sollte sich für die Wissenschaft auch wirklich zuständig fühlen und nicht alles auf den letzten Drücker angehen.
Benjamin Kley, Studierendenvertreter an der Humboldt-Uni
Grundsätzlich befürchtet Tiedje, dass Berlin durch den Regierungswechsel bei Hochschulthemen ausgebremst wird. „Bei der grünen Wissenschaftsverwaltung hat es eine Zeit gebraucht, bis die Zusammenarbeit mit uns richtig in die Gänge kam – und die neue Koalition hat jetzt nur noch drei Jahre für ihre Projekte.“
Verlängerung des Semestertickets steht wieder an
HU-RefRat-Mitglied Kley ist hingegen auch mit der (noch) aktuellen Wissenschaftsverwaltung unzufrieden. Hochschulthemen seien angesichts der Doppelbesetzung des Ressorts mit der Gesundheit viel zu kurz gekommen: „Die nächste Verwaltung sollte sich für die Wissenschaft auch wirklich zuständig fühlen und nicht alles auf den letzten Drücker angehen.“
Auch beim Thema Verlängerung des Semestertickets würde die Zeit schon wieder knapp, mahnt Miguel Góngora, Asta-Sprecher an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR). Eine Einigung mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg wurde nur bis Ende des Sommersemesters erzielt. Wie es weitergeht, müsse also bald entschieden werden, damit die Hochschulverwaltungen es rechtzeitig zum Winter einplanen können, betont der HWR-Student.
Góngora wünscht sich zudem, dass die Wissenschaft ein eigenes Ressort bekommt. Dass HWR-Präsident Andreas Zaby für die Wissenschaft mit am Tisch bei den Koalitionsverhandlungen sitzt, findet Góngora gut. Er hofft, dass Belange der HWR-Studierenden so Gehör finden. Kley sieht das Mitmischen der Berliner Unis bei den Koalitionsverhandlungen dagegen kritisch: Die Studi-Interessen sieht er unter Ludwig Kronthaler, der als Ex-Vizepräsident für Haushalt der Humboldt-Universität für die CDU mitverhandelt, jedenfalls nicht vertreten: „Man kann Unis nicht mit mittelständischen Unternehmen gleichsetzen, wie Kronthaler es tut, und sie entsprechend ,managen’.“
Ob die Asten eher eine:n Wissenschaftssenator:in der SPD oder der CDU bevorzugen würden, dazu lassen sich bei ihren Vertreter:innen weniger starke Meinungen vernehmen. In jedem Fall solle es eine fachlich kompetente Person sein, die mit der Uni-Governance vertraut ist, betonen alle. Das „progressive Themen“, wie es Tiedje formuliert, in beiden Fällen zu kurz kommen könnten, diese Sorge klingt bei allen dreien an. Einig sind sich die Vertreter nicht zuletzt darin: Ein eigenes Ressort könnte der Berliner Wissenschaft nicht schaden.
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