Studie: Jungen sind die Bildungsverlierer
Lehrerinnen und Lehrer legen Kinder auf traditionelle Rollenbilder fest, kritisieren Bildungsforscher. Das schadet vor allem Jungen. Schon im Studium sollten deshalb Geschlechterrollen hinterfragt werden.
Pädagogen schaffen es nur selten, angemessen mit Geschlechterdifferenzen umzugehen. Erzieher und Lehrer würden – genauso wie Eltern – Geschlechterstereotype vielmehr verstärken und Kinder in für sie nachteilige Rollenmuster drängen, heißt es in dem neuen Jahresbericht des Aktionsrats Bildung. Das schade vor allem Jungen: Sie seien die neuen Bildungsverlierer, sagte der Erziehungswissenschaftler und Präsident der Freien Universität Berlin, Dieter Lenzen.
Das Bildungssystem versage dabei, ein „angemessenes Jungsbild“ zu schaffen, zu dem etwa gehöre, dass Jungen gerne lesen, sagte Lenzen. Sie seien daher wenig zu guten Leistungen in dieser Kernkompetenz zu motivieren – mit der Folge, dass sie deutlich öfter die Schule abbrechen. Auch müssten die „unangepassten“ Jungen höhere Leistungen bringen, um eine Gymnasialempfehlung zu erhalten. Mädchen wiederum schade, dass es für sie wenig Anreize gebe, sich mit Naturwissenschaften zu befassen. Dem Aktionsrat Bildung gehören neben Lenzen auch die Schulforscher Manfred Prenzel, Wilfried Bos und der Hochschulexperte Detlef Müller-Böling an.
Dass sich Mädchen mehr fürs Lesen und Jungs mehr für Technik interessierten, sei nicht angeboren – obwohl diese Vorstellung „keineswegs ausgerottet“ sei, heißt es. Vielmehr existierten „keine neurobiologischen oder psychologischen Differenzen zwischen den Geschlechtern“. Der Aktionsrat fordert, Gender-Aspekte stärker in der Ausbildung von Lehrern und Erziehern zu berücksichtigen. Pädagogen müssten sich ihrer „eigenen Rollenstereotype bewusst werden“. In allen Jahrgangsstufen müssten annähernd gleich viele Männer wie Frauen unterrichten. Lernmaterialien würden zudem oft „realitätsfremde Rollenbilder“ abbilden – wie „die einseitige Darstellung von Frauen als Mutter und Hausfrau“. tiw