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Katzen zeigen ein ähnliches Bindungsverhalten wie Kinder.

© Angelika Warmuth/dpa

Schmusen oder ignorieren: Katzen binden sich an ihre Besitzer wie Kinder an ihre Eltern

In einer Studie zeigen Katzen ein ähnliches Bindungsverhalten wie Menschen und Hunde. Das trifft offenbar nicht nur zu, wenn sie noch jung sind.

Katzen binden sich auf ähnliche Weise an ihre menschlichen Bezugspersonen wie kleine Kinder an ihre Eltern. Das zeigten Forscher um Kristyn Vitale von der US-amerikanischen Oregon State University in Corvallis mit einem Versuch, der in seinem Aufbau den klassischen Studien zur Eltern-Kind-Bindung nachempfunden ist. Sie präsentieren die Studie in der Fachzeitschrift "Current Biology".

Die meisten Katzen zeigten einen eindeutigen Bindungstyp

Statt Kleinkindern und ihre Mütter beobachteten die Wissenschaftler 79 Katzen im Alter von drei bis acht Monaten und ihre Halter. Zunächst waren die Besitzer zwei Minuten alleine mit ihrer Katze in einem kameraüberwachten Raum. Dann mussten sie die Tiere zwei Minuten lang allein lassen, bevor sie wieder ins Zimmer kamen.

Eine Versuchssituation der Studie: Die Katze auf dem Foto zeigt ein sicheres Bindungsverhalten.
Eine Versuchssituation der Studie: Die Katze auf dem Foto zeigt ein sicheres Bindungsverhalten.

© Kristyn Vitale/Oregon State University

Die Katzen reagierten zwar jeweils unterschiedlich auf die Situation, 70 der 79 Katzen ließen sich nach ihrem Verhalten aber klar einem bestimmten Bindungstyp oder Bindungsstil zuordnen – und dieser Bindungstyp entspricht den Typen, die bereits durch vergleichbare Studien bei Menschen und Hunden entdeckt werden konnten.

Sichere Basis oder Ignoranz?

Die Forscher stellten bei den Katzen vier klar unterscheidbare und schon von anderen Arten bekannte Bindungsstile fest. Bei vielen Katzen ließ der Stress durch die Rückkehr der Besitzer sofort nach; sie suchten nach der Trennung die Nähe des Besitzers und erkundeten dann weiter den Raum. Dies wurde in der Studie wie bei anderen Spezies als "sichere Bindung" bezeichnet. Der Besitzer stellte offensichtlich eine sichere Basis dar, mit deren Rückhalt Katzen sich zutrauten, neuen Situationen zu begegnen.

Andere Katzen waren nach der Rückkehr des Besitzers weiterhin ängstlich und verhielten sich besonders anklammernd, sie wichen ihren Haltern nicht mehr von der Seite – dies wurde als "unsicher-ambivalente Bindung" bezeichnet. Wieder andere zollten dem rückkehrenden Besitzer wenig Beachtung ("unsicher-vermeidende Bindung"). Bei einer vierten Gruppe schienen die Gefühle im Widerstreit zwischen dem Wunsch nach Nähe und nach Vermeidung zu sein ("desorganisierte Bindung").

Zwei von drei Katzen sicher gebunden

Die drei letztgenannten Bindungsmuster werteten die Forscher als Ausdruck einer unsicheren Bindung. Insgesamt waren 64,3 Prozent der jungen Katzen sicher, 35,7 Prozent unsicher gebunden. Die Wissenschaftler heben hervor, dass das Bindungsverhalten der Katzen in der Testsituation sich auch nach einem sechswöchigen Verhaltenstraining, in das ein Teil der Katzen einbezogen wurde und das die Bindung zwischen Katzen und Haltern intensivieren sollte, nur unwesentlich änderte: In diesem zweiten Durchlauf erwiesen sich 68,6 Prozent der Katzen als sicher, 31,4 Prozent als unsicher gebunden.

Die Studienautoren folgern daraus, dass die Art der Bindung bei Katzen auch genetisch beeinflusst wird. Als die Forscher den Versuch mit 38 erwachsenen Katzen wiederholten, zeigte sich eine ganz ähnliche prozentuale Verteilung, was belegt, dass das Bindungsverhalten von Katzen über ihre Jugend hinaus stabil bleibt. 

Soziale Flexibilität könnte Katzen Vorteile gebracht haben

Zudem ist ein weiterer Aspekt bedeutsam: Auch bei menschlichen Kindern sind 65 Prozent Tests zufolge sicher gebunden, bei Hunden 58 Prozent. "Hauskatzen spiegeln dies auf sehr ähnliche Weise", sagte Vitale einer Mitteilung zufolge. Ihre soziale Flexibilität könne den Katzen auch den Weg in die Haushalte der Menschen geebnet haben. Vitale hebt außerdem hervor, dass die Mehrheit der Katzen ihren Ergebnissen zufolge sicher gebunden ist und ihr Besitzer für sie demnach eine Quelle von Trost und Sicherheit bedeutet. Das Vorurteil, alle Katzen seien scheu und distanziert, könnte sich also entwickelt haben, weil das Verhalten unsicher-gebundener Katzenverallgemeinert wurde.

Der mit den Katzen erfolgte Versuch, der auch als "Strange Situation Test" bekannt ist, geht auf die amerikanisch-kanadische Psychologin Mary Ainsworth (1913-1999) zurück. Ainsworth entwickelte das Testverfahren in den späten 1960er Jahren für Kleinkinder und ihre Mütter und beschrieb die verschiedenen Bindungstypen. Ihre Ergebnisse sind bis heute bedeutsam für die Bindungsforschung. (dpa)

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