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Klima: Für Dinosaurier schien die Sonne öfter

In der Kreidezeit war die Erde ein Supertreibhaus. US-Forscher halten weniger Wolken für die Ursache.

„Super-Sonnenschein und kaum ein Wölkchen am Himmel.“ Hätte es vor 92 Millionen Jahren bereits eine Wettervorhersage gegeben – sie wäre wohl häufiger positiv ausgefallen als heute. Denn in der Kreidezeit gab es weniger Wolken. Deshalb war es viel öfter sonnig und warm. Das jedenfalls vermuten die Klimaforscher Lee Kump und David Pollard von der amerikanischen Pennsylvania State Universität.

Sie untersuchten Sedimente, die Aufschluss über die Klimaverhältnisse in der Kreidezeit geben und nutzten die Daten für Computer-Simulationen. Ihre Ergebnisse wurden im Fachblatt „Science“ (Band 320, Seite 195) veröffentlicht. Danach war das Atlantikwasser in den Tropen vor 92 Millionen Jahren durchschnittlich 37 Grad Celsius heiß – im Gegensatz zu den heutigen 29 Grad. Auch in hohen Breiten kletterte die Quecksilbersäule oft über die 20-Grad-Marke. In der Arktis aalten sich Krokodile bei subtropischem Klima.

Die Analysen der Sedimente haben gezeigt, dass solche Hitzewellen in der Kreidezeit durchaus üblich waren. Die Temperaturunterschiede zwischen den Tropen und den Polen waren aber viel geringer als heute, Eis gab es wohl weder in den höchsten Gebirgen noch in der Arktis oder der Antarktis.

Welche Faktoren das Klima in diesem Supertreibhaus bestimmten, darüber rätseln die Forscher noch immer. Zwar waren vor 90 Millionen Jahren die Erdplatten kräftig in Bewegung und bildeten neuen Ozeanboden. Riesige Mengen von Kohlendioxid kamen dabei aus dem Erdinnern und verursachten in der Atmosphäre einen Supertreibhauseffekt, der die Temperaturen in der Atmosphäre in die Höhe trieb. Als Lee Kump und David Pollard aber in Computermodellen das Klima in diesem Supertreibhaus simulierten, spuckte die Analyse deutlich niedrigere Temperaturwerte aus als damals tatsächlich vorlagen. Auch als die Forscher dann im Rechner den Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre auf mehr als 1100 Teilchen pro eine Million Luftteilchen (ppm) – also das Vierfache der 280 ppm aus der Zeit vor der Industrialisierung – schraubten, stimmten die Computerwerte nicht mit den Temperaturen überein, die nach den Ergebnissen der Sedimentanalysen vor 100 Millionen Jahren geherrscht haben müssen. Da Klimaforscher noch höhere Kohlendioxid-Werte für diese Epoche für ausgeschlossen halten, muss etwas anderes die große Hitze verursacht haben.

Zum Beispiel Wolken. Sie bestehen aus fein in der Luft verteilten Wassertröpfchen oder Eiskristallen, die einfallende Sonnenstrahlen zurück in den Weltraum reflektieren. So erreichen weniger Sonnenstrahlen den Erdboden und der heizt sich weniger auf. Deshalb ist es im Schatten kühler als im prallen Sonnenschein. Schwebten also weniger Wolken am Himmel der Kreidezeit, könnte sich die Atmosphäre weiter aufgeheizt haben.

Wolken bilden sich meist nur dann, wenn in der Luft bereits Teilchen schweben, an denen die Luftfeuchtigkeit kondensieren kann. In sauberer Luft ohne Verschmutzung aus Industrieschornsteinen oder Auspuffrohren entstehen heute die meisten dieser Kondensationskeime aus dem chemischen Molekül Dimethylsulfid (DMS), das von Organismen wie dem winzigen Phytoplankton im Meerwasser abgegeben wird und den typischen „Meeresgeruch“ verursacht.

Bei höheren Temperaturen könnten diese Organismen aber schlechter gewachsen sein. Auch heute gibt es in den kalten Gewässern mehr Organismen als im lauen Tropenwasser. Nur wenn dort aus den Tiefen kaltes Wasser aufquillt, explodiert auch in warmen Gewässern das Leben. Genau diese Strömungen von unten nach oben aber sollten sich verringern, wenn die Temperaturen steigen.

Im Supertreibhaus der Kreidezeit schwebten daher vermutlich deutlich weniger DMS und damit weniger Kondensationskeime durch die Luft. Gleichzeitig dürfte bei höheren Temperaturen mehr Wasser verdunstet sein. Bei wenigen Kondensationskeimen und hoher Luftfeuchtigkeit entstehen statt vieler Tröpfchen weniger deutlich größere Tropfen. Diese sind viel schwerer und fallen rascher zu Boden als Regen. Insgesamt dürfte es in der Kreidezeit also weniger Wolken gegeben haben – und bei klarem Himmel konnte der Sonnenschein dem Supertreibhaus zusätzlich einheizen.

Dadurch wuchsen dann noch weniger Organismen und die Bewölkung nahm weiter ab. Als die Forscher aus Pennsylvania diesen Effekt in ihren Computer eingaben, spuckte der statt einer heute üblichen Wolkenbedeckung von 64 Prozent des Erdballs nur 55 Prozent Wolken aus. Vor allem aber ermitteln die Programme nun Temperaturen, die den Verhältnissen in der Kreidezeit recht nahe kommen. Die Dinosaurier, die damals lebten, könnten also tatsächlich mehr Sonnenschein genossen haben als der Mensch des 21. Jahrhunderts.

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