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Für die SPD ist entscheidend, die 200.000 Studienplätze in Berlin finanziell abzusichern.

© picture alliance/dpa/Swen Pförtner

Knackpunkt Dauerstellen: Was Schwarz-Rot für Berlins Hochschulen bedeuten könnte

Wissenschaft ist für Berlin essenziell, kam in den Sondierungen bisher aber kaum vor. An einem entscheidenden Punkt dürfte zwischen CDU und SPD bei dem Thema kontrovers diskutiert werden.

Stand:

Wo geht es hin mit der Berliner Wissenschaft unter einem CDU-SPD-Bündnis? Klar ist nur eines: Die bisher von den Grünen geführte Wissenschaftsverwaltung wird einen neuen Senator oder eine neue Senatorin bekommen.

In den Koalitionsverhandlungen dürfte vor allem ein Knackpunkt Diskussionen auslösen – nämlich die in den vergangenen Jahren auch in Berlin sehr umstrittene Frage, wie junge Forschende bessere Arbeitsperspektiven bekommen.

Aber der Reihe nach. Bisher spielte die Wissenschaft – obwohl einer der wenigen Bereiche, in dem Berlin national und international führend ist – in den Sondierungen keine große Rolle. In einem Papier der CDU-Sondierungsgruppe etwa sind dem Thema nur wenige Sätze gewidmet.

Ab dem 13. März wollen CDU und SPD in Arbeitsgruppen die unterschiedlichen Themenbereiche ausverhandeln. Ob der Wissenschaft dabei eine eigene Arbeitsgruppe gewidmet wird oder ob die Verhandler:innen die Wissenschaft mit der Wirtschaft oder Bildung zusammen besprechen, soll noch offen sein.

Adrian Grasse (CDU) und Ina Czyborra (SPD), die wissenschaftspolitischen Sprecher:innen ihrer Parteien, kennen sich auf jeden Fall gut. Sie haben denselben Wahlkreis in Steglitz-Zehlendorf, in dem auch die Freie Universität liegt. Im Vorfeld versuchen die beiden keine großen Hürden aufzubauen.

So sagt Grasse: „Wir wollen alle, dass der Wissenschaftsstandort gestärkt wird.“ Insgesamt geht er von vielen Schnittmengen in dem Bereich mit der SPD aus, mehr als mit den Grünen. Auch Czyborra erwartet „keine extremen Streitpunkte“.

Der CDU sei eine echte Stärkung der Hochschulautonomie wichtig, sagt Grasse. Die Hochschulen sollten als Partnerinnen gesehen werden, denen Freiräume und Vertrauen gegeben werden: „Die Detailsteuerung sollte eher zurückgedreht werden.“ Oberste Priorität müsse ein erfolgreiches Abschneiden der Berliner Exzellenzverbundes haben: „Dazu müssen wir uns ehrlich anschauen: Wo steht die Berlin University Alliance?“ 

Czyborra nennt ebenfalls die Absicherung der Exzellenz als wichtiges Thema. Für sie ist die Finanzierung der Hochschulen entscheidend: „Wir brauchen eine solide finanzielle Grundlage, um die 200.000 Studienplätze in der Stadt zu halten.“ Ansonsten bestehe die massive Gefahr, dass die Hochschulen deutlich bei sich kürzen müssten. Die Lehrkräftebildung sei ein weiteres wichtiges Thema und die Frage, wie die Wissenschaft stärker als bisher für die Lösung der Probleme Berlins genutzt werden könne.

An einem zentralen Punkt herrscht Dissens

Das alles sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Parteien an einem zentralen Punkt bisher fundamental auseinanderliegen. Rot-Grün-Rot hatte das Berliner Hochschulgesetz so geändert, dass Post-Doktoranden jetzt eine Entfristung zugesichert bekommen müssen.

Für den Wissenschaftsbetrieb, in dem die prekäre Lage von jungen Forschenden ein großes Thema ist, kam das einer Revolution gleich. Entsprechend hitzig wurde es von Befürwortern und Gegnern debattiert – wobei die CDU aufseiten Letzterer stand. Die Partei hat dagegen sogar ein Normenkontrollverfahren angestrengt. Sollte der entsprechende Passus im Gesetz wieder gestrichen werden, würde das bei den Betroffenen an den Unis große Proteste auslösen, zumal die Unis die nicht trivialen Pläne zur Umsetzung schon entwickelt haben.

Im CDU-Sondierungspapier findet sich dazu eine Aussage, die Interpretationen offen lässt: „Dauerstellen sollen auf Dauer angelegten Tätigkeiten vorbehalten sein und sind von Qualifikationsstellen zu unterscheiden.“ Dieser Satz sei „bewusst offen formuliert, um Lösungen zuzulassen“, sagt Grasse.

Natürlich werde der Paragraf im Hochschulgesetz Gegenstand der Verhandlungen sein: „Das dürfte einer der Punkte sein, bei dem am meisten Diskussionsbedarf besteht.“ Aber auch er betont, es brauche eine Perspektive für Post-Doktoranden.

Für die Hochschulen kommen die Verhandlungen zur Unzeit

Czyborra wiederum sagt, die beiden Parteien müssten es schaffen, neue Personalstrukturen zu erarbeiten. Eine erneute große Hochschulgesetznovelle jedenfalls sehe sie nicht.

Für die Hochschulen kommen die Koalitionsverhandlungen gleichwohl zur Unzeit. 2023 ist das Jahr, in dem die Hochschulverträge für die kommenden Jahre verhandelt werden, die für die Zukunft der Hochschulen entscheidend sind. Bisher soll nicht viel passiert sein, ist aus den Unis zu hören, obwohl die bisherige Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne) eigentlich bis Juni damit fertig sein wollte.

Dieser Zeitpunkt dürfte jetzt völlig illusorisch sein, da erst eine neue Senatorin oder ein neuer Senator wirklich über die Schwerpunkte der Verträge entscheiden kann. Diese überhaupt in diesem Jahr in trockene Tücher zu bekommen, dürfte anspruchsvoll werden. Die Koalitionsverhandlungen werden einen ersten Fingerzeig geben, wie viel Geld Schwarz-Rot die Hochschulen wert sind.

Spannend auch: Bleibt die Wissenschaft mit Gesundheit in einem Senatsressort, oder gibt es erneut einen neuen Zuschnitt? Erste Anzeichen deuten auf eine Neuordnung hin.

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