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Eine Ärztin injiziert mit Hilfe einer Präzisionsapparatur Spermien direkt in eine noch unbefruchtete Eizelle

© Kacper Pempel/REUTERS

Künstliche Befruchtung, "Dreieregel", Eizellspende: Forderung nach „behutsamer“ Änderung des Embryonenschutzes

In einem Memorandum schlägt die Bundesärztekammer vor, den gesetzlichen Rahmen der Fortpflanzungsmedizin in Deutschland weitgehend zu reformieren.

Die Bundesärztekammer hat jetzt Empfehlungen zur Fortpflanzungsmedizin und zur „behutsamen“ Änderung des Embryonenschutzgesetzes von 1991 veröffentlicht. Sie richten sich an den Gesetzgeber und betreffen drei Punkte, die schon seit Jahren in der fachlichen und öffentlichen Diskussion sind.

„Unser Ziel ist es, dem Gesetzgeber konkrete, wissenschaftlich fundierte und möglichst schnell umsetzbare Vorschläge für eine Reform des Embryonenschutzgesetzes an die Hand zu geben“, erläuterte Peter C. Scriba, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats, bei der Vorstellung des Memorandums. Auch die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hatte 2019 eine Reform des Gesetzes angemahnt.

Veraltete Dreieregel

Im Unterschied zu vielen anderen Ländern hat Deutschland bisher an der sogenannten „Dreierregel“ festgehalten, wie sie im Embryonenschutzgesetz seinerzeit aufgestellt wurde. Demnach sollten in einem Behandlungszyklus mit den Methoden der IVF („In-Vitro-Fertilisation“) oder ICSI („Intracytoplasmatische Spermieninjektion“) nicht mehr als drei Eizellen befruchtet und keine von ihnen verworfen werden.

Die Arbeitsgruppe der Ärztekammer „Offene Fragen der Reproduktionsmedizin“ unter Leitung  von Jan-Steffen Krüssel, dem Leiter des Universitären Interdisziplinären Kinderwunschzentrums Düsseldorf, in der unter anderem auch  Heribert Kentenich vom  Fertility Center Berlin mitwirkte, setzt sich dafür ein, diese Regel aufzuheben. Stattdessen sollte die Zahl der zu kultivierenden Embryonen im individuellen Einzelfall anhand medizinischer Kriterien gemeinsam mit dem Paar bestimmt werden.

Ziel: Möglichst keine "überzähligen" Embryonen

Es sollten aber zuvor nur so viele Eizellen befruchtet werden, „als im individuellen Fall nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und unter bestmöglicher Vermeidung der Entstehung überzähliger Embryonen notwendig sind, um eine Schwangerschaft unter Vermeidung von Belastungen und Risiken für Mutter und Kind herbeizuführen.“ Anschließend sollte es erlaubt sein, der Frau nur einen einzelnen Embryo zu übertragen. Dieser international übliche  „Single Embryo Transfer“ sollte aus medizinischen Gründen angestrebt werden.

Seit Jahren sind die Mediziner besorgt angesichts der hohen Zahl an Schwangerschaften, bei denen drei oder mehr Kinder im Bauch der Mutter heranwachsen. Auch die Zwillingsrate nach IVF oder ICSI ist in Deutschland deutlich höher als in Ländern mit vergleichbarem medizinischem Standard. Mehrlingsschwangerschaften gehen mit gesundheitlichen Risiken für Mutter und Kinder einher, insbesondere mit der Gefahr einer zu frühen Geburt.

Forderung: Verbot der Eizellspende aufheben

Außerdem setzt sich die Arbeitsgruppe dafür ein, dass der Gesetzgeber das Verbot der Eizellspende aufhebt. Sie sollte „in engen Grenzen“ und unter klaren Rahmenbedingungen zugelassen werden. Dabei sei besonders darauf zu achten, dass keine Kommerzialisierung dieser Spende eintritt. Denn die Spende ist ein operativer Eingriff und für Spenderinnen trotz geringer Gesundheitsrisiken einschneidender als die Samenzellspende des Mannes. Samen- und Eizellspende sollten auch deshalb rechtlich vergleichbaren Rahmenbedingungen unterliegen, weil viele Paare mit Kinderwunsch derzeit für eine Eizellspende ins Ausland gehen.

Dritter – und seit Jahren besonders strittiger – Punkt: Auch die Spende befruchteter Eizellen, die bisher nicht in einem Behandlungszyklus übertragen wurden, soll nach dem Willen der Verfasser gesetzlich geregelt werden: Die Autoren setzen sich dafür ein, dass die Voraussetzungen, das geeignete Verfahren und die Rechtsfolgen einer solchen Spende von „überzähligen“, „nicht intentionell entstandenen“ Embryonen  gesetzlich geregelt werden.

Recht auf Wissen

Die Spendereltern sollten hier in eigener Verantwortung eine Gewissens-Entscheidung treffen und anderen Paaren mit Kinderwunsch dadurch helfen können. Und, besonders wichtig: Die so entstehenden Kinder sollten das Recht und die Möglichkeit haben, über ihre biologische Abstammung Bescheid zu wissen. Dabei müsse selbstverständlich folgender Grundsatz aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch:  „Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.“ Überlegungen dazu hatte auch der Deutsche Ethikrat in seiner Stellungnahme „Embryospende, Embryoadoption und elterliche Verantwortung“ im Jahr 2016 angestellt.

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