
© Dr Derek Keir, University of Southampton/ University of Florence
Auf dem Weg zu einem neuen Ozean: Magma-Blase reißt Afrika auseinander
Unter der Afar-Senke in Äthiopien brodelt eine Wolke aus geschmolzenem Gestein. Sie spaltet den Kontinent und legt das Fundament für ein neues Meer.
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Im tiefen Erdinneren Afrikas schlägt ein heißes Herz: Unter der Region Afar in Äthiopien pulsiert eine Wolke aus geschmolzenem Gestein, berichtet ein Forschungsteam im Fachjournal „Nature Geoscience“. Die rhythmischen Schübe reißen demnach den Kontinent allmählich auseinander und lassen einen neuen Ozean entstehen.
Der Aufwärtsstrom von heißem Material aus dem tiefen Erdmantel wird stark von den tektonischen Platten – den massiven, festen Platten der Erdkruste – beeinflusst, die sich darüber befinden. Wenn tektonische Platten wie in der Afar-Region im Laufe der Jahrmillionen auseinandergezogen werden, dehnen sie sich und werden dünner, bis sie brechen. Dieser Bruch markiert die Geburt eines neuen Ozeanbeckens.
Drei Gräben treffen aufeinander
In der ostafrikanischen Afar-Senke, die großteils mehr als 100 Meter unter dem Meeresspiegel liegt, treffen drei aktive Grabenbrüche aufeinander: der Grabenbruch des Roten Meeres, der Grabenbruch des Golfs von Aden und der Ostafrikanische Grabenbruch. Das Team um Emma Watts von der University of Southampton (Großbritannien) entdeckte, dass das Magma dort pulsartig aus dem Erdmantel nach oben strömt und dabei von der Plattendicke und der Driftgeschwindigkeit beeinflusst wird.
Der Erdmantel unter Afar pulsiert.
Emma Watts, Geologin, University of Southampton, UK
Das Rote Meer hat sich einst aus einem Grabenbruch gebildet, bei dem die Afrikanische Platte und die Arabische Platte auseinanderdriften. Im Norden reicht der Grabenbruch über das Tote Meer und den Jordangraben bis nach Syrien. Der Ostafrikanische Graben und seine Fortsetzung nach Süden, der Zentralafrikanische Graben, verlaufen hingegen quer durch die Afrikanische Platte.

© Dr Derek Keir, University of Southampton/ University of Florence
Um das unterirdische Geschehen besser zu verstehen, analysierten die Studienautoren mehr als 130 Gesteinsproben relativ junger Vulkane in der Afar-Senke und ihrer Umgebung. Ergänzt um frühere Gesteinsanalysen und statistische Modellierung untersuchten die Forscher die chemische Zusammensetzung der Gesteine. „Wir haben festgestellt, dass der Erdmantel unter Afar weder gleichmäßig noch stationär ist – er pulsiert, und diese Pulse tragen unterschiedliche chemische Signaturen“, erklärte Watts.
Koautor Tom Gernon, ebenfalls von der University of Southampton, vergleicht das Aufsteigen des Magmas mit einem Herzschlag. Dabei scheinen sich die Pulse je nach Dicke der Platte und ihrer Geschwindigkeit, mit der sie auseinanderdriften, unterschiedlich zu verhalten. „In sich schneller ausbreitenden Grabenbruchzonen, wie dem Roten Meer, breiten sich die Pulse effizienter und regelmäßiger aus wie ein Puls durch eine enge Arterie“, sagt Gernon.
Im Golf von Aden driften die Arabische und die Afrikanische Platte mit einer Geschwindigkeit von etwa 15,5 Millimetern pro Jahr auseinander, im südlichen Roten Meer sind es 14,5 Millimeter. Im Ostafrikanischen Graben beträgt die Driftgeschwindigkeit südlich des Hochlands von Äthiopien lediglich 5,2 Millimeter pro Jahr. In der Afar-Senke sind der Grabenbruch in Richtung Rotes Meer und der Ostafrikanische Graben von zahlreichen Vulkanen gesäumt, über die Magma aus dem Erdmantel an die Oberfläche gelangt.
Die Wissenschaftler untersuchten auch, ob in der Afar-Senke und ihrer Umgebung an einer Stelle oder an drei Stellen Magma aus dem Mantel in einem sogenannten Manteldiapir – auch Plume oder Hotspot genannt – an die Erdoberfläche strömt. Die bisherige Forschung legte nahe, dass am Abbe-See an der Grenze zwischen Äthiopien und Dschibuti sowie weiter nördlich, nahe dem Roten Meer, und südwestlich, am Rand des Hochlands von Äthiopien, flüssiges Mantelgestein aufsteigt.
Die Studienautoren simulierten verschiedene Möglichkeiten und fanden heraus, dass am wahrscheinlichsten ein einziger Manteldiapir unter dem Abbe-See liegt, der sich unter der Erdoberfläche entlang der drei Grabenbrüche verzweigt. (dpa)
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