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Die Statue Wilhelm von Humboldts thront vor der Humboldt-Universität zu Berlin.

© Doris Spiekermann-Klaas / Tagesspiegel / Tsp/Doris Spiekermann-Klaas

Meine Hochschule: Alexanders Neugier, Carolines Souveränität

In einer Reihe von Gastbeiträgen aus den Berliner Hochschulen schreiben Präsident:innen über ihre Pläne und Wünsche für 2023. Heute: die Humboldt-Universität.

Von Julia von Blumenthal

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Die heutige Humboldt-Universität wurde im Jahr 1810 als Reformmodell gegründet, das weltweit Maßstäbe gesetzt hat. Die Ideen der Gründerväter Wilhelm von Humboldt und Friedrich Schleiermacher sind bis heute prägend: die Einheit der Wissenschaften, die Einheit von Forschung und Lehre und die Prinzipien der Einsamkeit und Freiheit der Forschenden.

Die wissenschaftliche Neugier des Naturforschers Alexander von Humboldt und die geistige Souveränität einer Caroline von Humboldt sind Rollenmodelle, die uns helfen, auch den großen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen.

Neben den aktuellen Krisen ist die größte Herausforderung für uns und die kommenden Generationen der menschengemachte Klimawandel. Er berührt fundamentale Fragen unserer Gesellschaft nach Gerechtigkeit, sozialem Zusammenhalt und der Zukunft der Demokratie. Und er definiert die Anforderungen, vor denen die Wissenschaft heute steht.

Ihre Aufgabe ist es, das Wissen über die Zusammenhänge zwischen menschlichen Eingriffen in die Natur und ihren Folgen weiter zu verfeinern. Sie muss technische Innovationen entwickeln, die zur Problemlösung beitragen. Wir brauchen mehr Forschung darüber, wie wissenschaftliche Erkenntnisse für gesellschaftliches und politisches Handeln relevant werden.

Umwälzungen begleiten, Debatten versachlichen

Wir als Humboldt-Universität stehen dabei für exzellente Grundlagenforschung mit großem Potenzial für die Anwendung – so etwa in den Lebens- und Naturwissenschaften mit den Materialwissenschaften, der Optobiologie oder dem Quantencomputing. Mit unseren Kultur- und Sozialwissenschaften, mit Jura und Ökonomie leisten wir herausragende Beiträge zur Auseinandersetzung mit den gesellschaftspolitischen Folgen aktueller Umwälzungen und zur Versachlichung der Debatten.

Forschende in den Geisteswissenschaften melden sich mit ihren Beiträgen zur Reflexion über fundamentale Werte wie Gerechtigkeit und Freiheit zu Wort. In der Berlin University Alliance, dem Verbund mit der Freien Universität, der Technischen Universität sowie der Charité adressieren wir unmittelbar die „Grand Challenges“ unserer Zeit.

Dialog mit der Gesellschaft – in der gebotenen Distanz

Mit unseren zahlreichen Formaten unter dem Dach von „Open Humboldt“ zeigen wir, dass wir ein wichtiger Teil der Gesellschaft sind. Zugleich müssen wir uns ein gewisses Maß an Distanz und Autonomie bewahren. Nur so können Universitäten die Orte bleiben, an denen Erkenntnisse gewonnen werden, die wir morgen benötigen.

Caroline von Humboldt (1766 - 1829), Förderin der Künste, Mutter von acht Kindern, Ehefrau von Wilhelm von Humboldt – und Freigeist.

© Alamy Stock Photo

Als Humboldt-Universität ist es ganz besonders unsere Aufgabe, die Studierenden aktiv in den Prozess der Forschung einzubeziehen und ihnen zu ermöglichen, ihre Bildungsprozesse selbst zu gestalten. Wilhelm von Humboldts Gedanke, dass dies nur im Wechselspiel von vertiefter Reflexion in Einsamkeit und dem Austausch in Gemeinschaft gelingen kann, bleibt gültig.

Online-Semester: innovativ und einsam

Die unfreiwilligen Online-Semester der Corona-Pandemie haben uns geholfen, neue Technologien hierfür zu erproben. Gleichzeitig haben sie aber auch die negativen Assoziationen des „Alleinseins“ verstärkt. Eines ist klar: Die Universität bleibt auch in Zukunft ein sozialer Raum. Dabei bieten wir Bildung für Studierende, die unterschiedliche Ziele verfolgen. Unsere Aufgabe ist es, sie dabei möglichst gut zu begleiten. Dies gilt gleichermaßen auf dem Bildungsweg zur Lehrkraft in einer Berliner Schule oder einem anderen Mangelberuf, auf dem Weg in eine wissenschaftliche Karriere oder in ein eigenes Unternehmen.

Die Erwartungen der Gesellschaften an uns Universitäten sind seit dem 19. Jahrhundert immens gewachsen. Wenn wir diesen gerecht werden sollen, brauchen wir verlässliche finanzielle wie rechtliche Rahmenbedingungen, die Handlungsspielräume für Innovationen ermöglichen. Wir müssen den Mitarbeitenden in allen Bereichen der Universität gute Arbeits- und Entwicklungsbedingungen bieten.

Wir sind auf gegenseitiges Vertrauen angewiesen und auf Freiheitsgrade, um die uns anvertrauten öffentlichen Mittel bestmöglich einzusetzen. So kann die Humboldt-Universität den anstehenden Herausforderungen begegnen und mit neuen Ideen auch künftig Maßstäbe setzen.

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