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Privatpersonen werden Emissionsgutschriften etwa für Flugreisen angeboten.

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Mogelpackungen im Klimaschutz: Emissionsgutschriften halten nicht, was sie versprechen

Vermeintlich vermiedene Emissionen von Treibhausgasen werden in Form von Gutschriften gehandelt. Doch für den Klimaschutz bewirken diese wenig.

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Klimaschutzprojekte, die mit Emissionsgutschriften handeln, müssen neu bewertet werden, fordern Forschende. Die Projekte sollen Emissionen von Treibhausgasen mindern oder sie aus der Luft entnehmen. Bislang wurden Zertifikate verkauft, die vermiedene Emissionen von rund einer Milliarde Tonnen Kohlendioxid entsprechen. Doch mit den angerechneten Maßnahmen wurde nur ein Bruchteil dieser Menge von Emissionen tatsächlich vermieden, ergibt eine umfassende Auswertung.

Ein Forschungsteam um Benedict Probst vom Münchner Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb hat Emissionsbilanzen von über 2300 Klimaschutzprojekten ausgewertet, die etwa ein Fünftel der bislang gehandelten Zertifikate ausgegeben haben.

In den Projekten ging es etwa um die Verbreitung effizienter Kochöfen, die Vermeidung von Emissionen hochwirksamer Treibhausgase und vermiedene Abholzung. Das Team wertete darüber hinaus Studien aus, in denen die Verminderungswirkung von vergleichbaren Maßnahmen bewertet wurde, für die aber keine Zertifikate ausgegeben wurden.

„Systematische Probleme“

Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jetzt im Fachblatt „Nature Communications“ berichten, bestehen große Qualitätsmängel. Die Menge der ausgegebenen Zertifikate überschätzt die nachweisbaren Emissionsminderungen.

Bei effizienten Kochöfen, die in Entwicklungsländern anstelle einfacher Herde oder offener Feuer eingesetzt werden, entsprachen die tatsächlichen Emissionsminderungen nur elf Prozent der ausgegebenen Emissionsgutschriften. Bei der Reduktion des starken Treibhausgases Schwefelhexafluorid sind es 16 Prozent, bei vermiedener Abholzung von Wäldern 25 Prozent. Im Durchschnitt lag der Anteil echter Emissionsminderungen bei 16 Prozent.

16
Prozent beträgt im Schnitt der untersuchten Projekte der Anteil echter Emissionsminderungen an den gehandelten Zertifikaten.

Die Autoren bemängeln, dass die erreichten Emissionsminderungen teilweise zu hoch eingeschätzt würden oder, dass das Kriterium der Zusätzlichkeit nicht erfüllt sei. In solchen Fällen wären die Klimaschutzmaßnahmen auch ohne die Erlöse aus dem Gutschriftenhandel umgesetzt worden.

„Die Metastudie verdeutlicht systematische Probleme bei der Vergabe von Kohlenstoffgutschriften“, kommentiert Gunter Bensch die Studie gegenüber dem Science Media Center. Das sogenannte Carbon Crediting sei jedoch ein wichtiges Instrument für den Klimaschutz, „da es Emissionseinsparungen dort ermöglicht, wo sie am kostengünstigsten sind“, sagt der Forscher am RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen. Dazu müssten die Emissionsgutschriften jedoch strenger berechnet werden.

Anpassungen könnten die Glaubwürdigkeit des Instruments stärken, würden aber auch zu höheren Preisen für Kohlenstoffgutschriften führen. Für den Forscher unterstreicht das eine zentrale klimapolitische Erkenntnis: „Wirksamer Klimaschutz hat überall seinen Preis.“ 

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