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Die von den Taliban zerstörten Buddhas von Bamiyan in Afghanistan.

© AFP

Aus für die Indologie in Berlin: Museumsfreunde fordern Rettung des Fachs

Zuerst wurde die Berliner Indologie zwischen Freier Universität und Humboldt-Uni geteilt, dann abgewickelt. Im September gehen auch bei der Indischen Kunstgeschichte in Dahlem die Lichter aus. Museumsfreunde starteten jetzt einen Rettungsversuch in letzter Minute.

Die Verbreitung der alten buddhistischen Kunst in dem riesigen Dreieck zwischen Indonesien, China und Afghanistan. Oder die gegenseitige Beeinflussung der buddhistischen und der altgriechischen Kunst: Mit dem Ende des Sommersemesters gibt es in Berlin keine Lehrveranstaltungen zu diesen Themen mehr. Zum 30. September streicht die Freie Universität Berlin (FU) ihre Professur für Indische Kunstgeschichte. Bundesweit bleibt dann nur in Bonn eine Professur für das Fach, die aber in diesem Jahr von einer vollen auf eine Drittelstelle zusammengekürzt wurde. Die Indologie ist zu einem Modellfall des Sterbens der „Kleinen Fächer“ an deutschen Universitäten geworden.

"Geschichtslos": Das Humboldt-Forum eröffnet, das Fach stirbt

„Unverschämt“, nennt Christian Schwarz-Schilling, ehemaliger Bundesminister und Vorsitzender der Gesellschaft für indo-asiatische Kunst die Abwicklung des Fachs. Es in Berlin kurz vor der Eröffnung des Humboldt-Forums als Ort für den Dialog zwischen den Kulturen sterben zu lassen, zeuge von Geschichtslosigkeit, sagte Schwarz-Schilling jetzt bei einem Symposium der Freundeskreise des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst. Tatsächlich wurde das Fach von Wilhelm von Humboldt begründet. Und das Humboldt-Forum soll tausende ethnologische Fundstücke und die weltberühmte Sammlung von Kunstwerken aus dem süd- und zentralasiatischen Raum vereinen.

Aufgaben für Absolventen, die es bald nicht mehr gibt

Auch Jens-Uwe Hartmann, Professor für Indologie und Tibetologie an der LMU München, betonte die Bedeutung der Indischen Kunstgeschichte für das Humboldt-Forum. Ein Großteil der dort unterzubringenden Sammlungen sei während den von Preußen initiierten Turfan-Expeditionen, benannt nach der Turfan-Region in Nordchina, nach Deutschland gebracht worden. Die oft zweifelhaften Bedingungen, unter denen das geschah, verpflichteten Deutschland gegenüber den Herkunftsländern. Die Sammlungen müssten in größtmöglichster Breite öffentlich zugänglich gemacht und von Experten betreut werden. Dabei gebe es noch viel zu tun: „Viele der gefundenen Fresken sind bis heute nicht gedeutet.“ Eine Aufgabe für die Absolventen des Fachs, die es in Berlin bald nicht mehr geben wird.

Der Staatssekretär will Kooperation zwischen Unis und Humboldt-Forum

Der Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, Knut Nevermann (SPD), hofft, dass das Aus für die Indische Kunstgeschichte neue Diskussionen zwischen Universitäten und Humboldt-Forum auslöst. Die Humboldt-Universität sei ohnehin an der Ausstellung beteiligt. Die Frage aber, „wie die anderen Universitäten damit umgehen, dass es ein geistiges, kulturelles und historisch orientiertes Forum in Berlins Mitte geben wird“, habe man bislang nicht gestellt. Nevermann sprach sich vage für eine „personelle Verflechtung“ zwischen Museen und Unis aus. Schwarz-Schilling dagegen fordert, „die Schließung des Fachs zu suspendieren“, bis eine neue Lösung gefunden werde.

Ausgangspunkt für die Abwicklung war die Auflage des Senats an die Universitäten, ihre Doppelangebote abzubauen. Entsprechenden Sparauflagen nach der Jahrtausendwende folgte eine Strukturplanung, nach der die Indische Kunstgeschichte an der FU bleiben und die Indische Philologie an die Humboldt Universität wandern sollte. An der HU entstanden aber stattdessen ein Bachelor- und ein Masterstudiengang, die sich mit der modernen Geschichte und Gesellschaft südasiatischer Länder beschäftigen.

Der FU-Präsident spricht von einem "nicht abzuwendenden Prozess"

Für Karin Gludovatz, Dekanin des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften, ist es eine „Verkettung unglücklicher Umstände“. Der Verlust der Indischen Philologie habe auch die Abschaffung der Indischen Kunstgeschichte nahegelegt. Das Fachverständnis des Instituts hätte die Verknüpfung von beiden erfordert. Die Planung des Humboldt-Forums verfolge die FU zwar mit Interesse, würde aber „vorerst nichts“ an ihrer Entscheidung ändern. FU-Präsident Peter-André Alt sieht keine Perspektive. Die Streichung der Indischen Kunstgeschichte sei ein letzter Schritt in einem „bedauernswerten, angesichts der zu erbringenden Ersparungen aber nicht abzuwendenden Prozess“, schrieb er unlängst an die Initiativen, die sich für die Erhaltung des Fachs einsetzen.

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