
© K.M. Chaudary/AP/dpa
Nach Scheitern des Plastikabkommens in Genf : Bundesregierung fordert weitere Verhandlungen, um Müll weltweit einzudämmen
180 Staaten verhandeln seit drei Jahren über ein UN-Plastikabkommen – bisher ohne Erfolg. Vor allem drei Ländern tun alles, um Produktionsbeschränkungen zu verhindern.
Stand:
Nach dem Scheitern des UN-Plastikabkommens in Genf hat das Bundesumweltministerium weitere Verhandlungen dazu gefordert. „Augenscheinlich braucht es mehr Zeit, um zum Ziel zu gelangen. Daher lohnt es sich, weiter zu verhandeln“, erklärte Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth am Freitag. Die Verhandlungen in Genf hätten „nicht das Abkommen gebracht, das wir brauchen, um Plastikverschmutzung weltweit einzudämmen“. Flasbarth fügte hinzu: „Das ist enttäuschend.“
Die Verhandlungen über ein UN-Plastikabkommen waren am Freitag ohne eine Einigung zu Ende gegangen. „Wir werden hier in Genf kein Abkommen zur Plastikverschmutzung erzielen“, sagte der Vertreter Norwegens. Von Indien und Uruguay hieß es, es sei keine Einigung über den zuletzt vorgelegten Vorschlag erzielt worden.
Umwelt-Staatssekretär Flasbarth erklärte dazu, die „unterschiedlichen Interessen“ lägen „noch immer weit auseinander“. Das habe die nötige Einigung erschwert. „Am einen Ende des Spektrums sind die kleinen Inselstaaten, die mit immenser Plastikverschmutzung an den Küsten und in den Meeren konfrontiert sind, ohne selbst wesentlich zur Verschmutzung beizutragen, am anderen Ende diejenigen Länder, deren Wirtschaft von Erdöl oder den Ausgangsprodukten für Plastik dominiert wird.“
Deutschland und seine Partner in der Europäischen Union würden „weiterhin alles dafür tun und Brücken bauen, damit wir in einer finalen Runde wirklich zum Abschluss kommen“, erklärte Flasbarth weiter. „Die Staatenvertreter haben das gemeinsame Verständnis, dass wir ein globales Problem auch auf dieser Ebene lösen müssen.“
180 Länder konnten sich nicht einigen
Rund 180 Länder konnten sich nach einem dreijährigen Prozess bei den Abschlussverhandlungen in Genf nicht auf einen Vertragstext einigen, wie mehrere Delegationen am Freitagmorgen im Plenum deutlich machten.
Nach intensiven Bemühungen mit dem Hoffnungsschimmer auf eine Annäherung vertagte der Konferenzvorsitzende zunächst die Sitzung der gut 180 Staaten um kurz vor Mitternacht auf Freitag. Wie es weitergehen sollte, blieb zunächst offen.
Gefahr für Gesundheit
Ausgehandelt werden sollte ein rechtlich verbindlicher Vertrag, um die Unmengen von Plastikabfall, die Ökosysteme zerstören und die Gesundheit der Menschen gefährden, einzudämmen. Der Vertrag sollte den gesamten Lebenszyklus des Plastiks umfassen, von der Produktion über das Design bis zum Umgang mit Abfall.
Schon am Mittwoch war klar, dass die Positionen der Länder so weit auseinanderliegen wie eh und je. Ein Vertragsentwurf, aus dem praktisch alle bindenden Verpflichtungen gestrichen waren, wurde von Dutzenden Ländern zurückgewiesen. Auch ein neuer Entwurf vom Freitagmorgen fand keine einhellige Zustimmung, wie der Konferenzvorsitzende sagte.
„Kein Abkommen ist in diesem Fall besser als eines, das den Status quo auf UN-Ebene zementiert, anstatt eine echte Lösung für die Plastik-Krise zu sein“, sagte Florian Tize von der Umweltstiftung WWF.
Die unversöhnlichen Positionen
Streit über den Text findet zwischen zwei Gruppen statt: Deutschland und mehr als 100 weitere Länder wollen die Plastikproduktion auf ein nachhaltiges Niveau begrenzen, Einwegplastik wie Besteck, Becher und Verpackungen aus dem Verkehr ziehen und auf wiederverwendbare Produkte, Recycling und Kreislaufwirtschaft setzen.
Dagegen stehen Länder, die den Rohstoff für das Plastik haben: Öl. Darunter sind Saudi-Arabien, der Iran und Russland. Diese Länder tun alles, um Produktionsbeschränkungen zu verhindern. Sie nennen sich Gruppe der Gleichgesinnten (Like-Minded Group). Diese Länder möchten sich weitgehend auf ein besseres Abfallmanagement beschränken.
Der Auftrag, den die UN-Länder sich selbst 2022 gegeben hatten, war eigentlich klar: Im Mandat heißt es, der rechtsverbindliche Vertrag soll den ganzen Lebenszyklus des Plastiks umfassen, von der Produktion über das Design bis zur Entsorgung.
Plastik vermüllt Meere, Umwelt und Luft, tötet Fische und andere Lebewesen und gefährdet die menschliche Gesundheit. Kleinste Partikel werden vermehrt in Organen und auch im Gehirn gefunden. Laut Bundesumweltministerium hat sich die Kunststoffproduktion von den 1970er Jahren bis 2020 auf 367 Millionen Tonnen im Jahr versiebenfacht und könnte ohne Maßnahmen bis 2050 fast 600 Millionen Tonnen im Jahr erreichen.
Einen großen Teil machen demnach Einwegprodukte aus, darunter Verpackungen. In Flüssen und Ozeanen haben sich nach Schätzungen weltweit 152 Millionen Tonnen Plastikabfälle angesammelt. (dpa, AFP)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: