
© dpa/Monika Skolimowska
Nach Tiefstand in der Coronazeit: In Deutschland werden wieder deutlich mehr Antibiotika verschrieben
Über 36 Millionen Packungen Antibiotika wurden im Jahr 2023 über die gesetzlichen Krankenkassen verschrieben. Noch größer ist das Problem in der Tierhaltung.
Stand:
In Deutschland werden wieder mehr Antibiotika verschrieben. Einer Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der Krankenkasse AOK zufolge stieg das Verordnungsvolumen in der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2023 kräftig auf etwa 36,1 Millionen Packungen und lag erstmals wieder über dem Niveau vor der Coronapandemie.
Trotz insgesamt steigenden Einsatzes von Antibiotika sei die Zahl der Verordnungen sogenannter Reserveantibiotika aber weiterhin relativ stabil geblieben, erklärte das AOK-Institut am Mittwoch in Berlin weiter. Diese sind für den Einsatz bei Infektionen durch ansonsten nicht mehr behandelbare multiresistente Bakterien reserviert.
Im Vorjahresvergleich stieg die Zahl der Antibiotikaverordnungen im Jahr 2023 demnach um insgesamt 18,4 Prozent oder beinahe ein Fünftel. 2022 waren in der gesetzlichen Krankenversicherung noch etwa 30,5 Millionen Packungen abgerechnet worden. 2023 waren es 36,1 Millionen.
Nach Angaben der AOK lag der Gesamtwert zu Lasten der Krankenversicherungen bei 792 Millionen Euro.
Die Gesamtzahl der Antibiotikaverschreibungen war den Daten des Instituts zufolge von einem Höchstwert von 39,6 Millionen Packungen im Jahr 2014 zunächst mehrere Jahre in Folge kontinuierlich gefallen. Ein vorläufiger Tiefstwert wurde im Coronajahr 2021 mit 24,4 Millionen Packungen erreicht. Seitdem steigt die Zahl der Verordnungen demnach wieder deutlich.
Reserveantibiotika werden nicht sparsam genug eingesetzt
Ein besonderes Augenmerk richtet sich dabei stets auf Reserveantibiotika. Sie sollen möglichst sparsam verordnet werden, um keine weiteren Resistenzen zu fördern. Ihr Anteil an allen Antibiotikaverordnungen lag 2033 mit 43,4 Prozent geringfügig höher als im Vorjahr mit 42,4 Prozent, aber weiterhin unter dem Vorcoronaniveau. 2019 hatte der Anteil der Reserveantibiotika unter den Verordnungen noch bei 46,8 Prozent gelegen.
Das AOK-Institut kritisierte dennoch einen nach wie vor zu häufigen Einsatz von Reserveantibiotika. Auch wenn deren Anteil an sämtlichen Verordnungen zuletzt nicht wesentlich gestiegen sei, sei eine absolute Zahl von 15,7 Millionen verordneten Packungen im Jahr 2023 weiterhin zu hoch. Die Zahlen „deuten darauf hin, dass ihr zurückhaltender Einsatz noch nicht konsequent genug gelingt“, erklärte der Geschäftsführer des Instituts, Helmut Schröder.
Der überwiegende Teil der in Deutschland eingesetzten Antibiotika wird der Analyse zufolge weiter in der Tierhaltung verbraucht. Tierärzte gaben nach Daten des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit 2023 rund 529 Tonnen Antibiotika ab, in der menschlichen Gesundheitsversorgung wurden nur etwa 310 Tonnen verwendet. Der Antibiotikaeinsatz bei Nutztieren sank dabei im Vorjahresvergleich um 2,1 Prozent auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Erfassung 2011. 2014 waren es noch 1238 Tonnen. (AFP)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: