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Potsdamer Forscher haben aus Spanplatten neue hergestellt – praktisch mit 100 Prozent Ausbeute.

© System 180 GmbH/Clemens Richter

Praktisch ohne Verluste: Potsdamer Forscher machen aus alten Möbeln neue Spanplatten

Ein chemisches Verfahren kann Pressspan-Möbel in neue Platten verwandeln, und zwar mit 100 Prozent Ausbeute. Entscheidend für eine so hohe Recyclingquote ist eine Geheimzutat.

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Lange vorbei sind die Zeiten, in denen schwedische Möbel lediglich aus billigem Kiefernholz bestanden. Heute sind sie meist aus gepressten Holzspänen und Klebstoff gefertigt, mit einer dünnen Schicht aus Furnierholz, Kunststoff oder Lack.

Das Gute daran: Die Spanplatten selbst sind oft Recyclingprodukte und damit umweltschonender als neues Holz. Forschende vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung haben nun sogar ein Verfahren entwickelt, mit dem sich Holzspan-Werkstoffe zu hundert Prozent wiederverwerten lassen, also ohne den Zusatz neuer Späne oder Klebstoffe.

Ausgangsstoff ist das Holz gebrauchter Möbel oder Bauteile. Dieses wird von Metall und Kunststoff befreit und anschließend zerkleinert. Die Schnitzel werden dann mit einem eigens entwickelten Lösemittel eingeweicht.

„Der ursprünglich eingesetzte Harz-Klebstoff wird dabei teilweise gelöst und durch das Agenz gezielt reaktiviert“, wird Mathias Köhler in einer Mitteilung des Fraunhofer-Institutes zitiert. Die genaue Zusammensetzung und Wirkungsweise dieses Mittels soll geheim bleiben. Am Ende ließen sich aus der Masse neue, formstabile Platten pressen, und das Lösemittel fast vollständig zurückgewinnen, heißt es.

Zwischen sechs und zehn Prozent einer Spanplatte bestehen aus in der Regel erdölbasierten Bindemitteln. Zwei bis drei Mal lässt sich das Material mit dem neuen Verfahren recyclen, bis die Molekülstruktur des Klebers zu sehr leidet. Dann ist frisches Neumaterial nötig.

Das Forschungskonsortium sucht nun Sortierer und Recycler sowie Hersteller von Harzen, Holzwerkstoffen oder Möbeln, um ihr Verfahren in der industriellen Massenproduktion anzuwenden. Beteiligt an dem Projekt sind unter anderem die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE), der Berliner Möbelbauer System 180 und der Wertstoff-Recycler PreZero.

Ein Wertstoff oder nur für den Ofen?

Laut Statusbericht der deutschen Kreislaufwirtschaft fallen hierzulande pro Jahr etwa 10 Millionen Tonnen Altholz an. Etwa ein Fünftel wird stofflich verarbeitet, der Rest „energetisch verwertet“ – also verbrannt. Der niedrigen Recyclingquote liegt auch der Materialmix vieler Holzprodukte zugrunde, der eine sortenreine Trennung und Wiederverwendung erschwert.

So eine ideale Nutzungskaskade vom Holz über die immer wieder verwendbare Spanplatte bis zur Energiegewinnung klingt zwar schön. Derzeit scheint der Rohstoff aber noch nicht knapp genug zu sein, dass sich die Kreislaufwirtschaft lohnt. Gut ein Drittel des in Deutschland frisch geernteten Holzes wird direkt verbrannt, ohne dass je daraus etwas gebaut wurde.

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