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TURNERS Thesen: Rankings ändern, nicht boykottieren

Wer aus dem CHE-Ranking aussteigt, schadet seiner Universität, meint George Turner.

Es ist immer wieder das gleiche Ärgernis. Da glaubt man an der Jiao-Tong-Universität in Schanghai den Stein der Weisen gefunden zu haben und maßt sich an, eine Tabelle der besten Universitäten weltweit aufzustellen. Dabei werden vor allem Nobelpreise und andere hochkarätige Wissenschaftspreise, auch aus grauer Vorzeit, in die Wertung einbezogen sowie Veröffentlichungen in englischsprachigen Fachzeitschriften. Erlaubte sich eine deutsche Einrichtung wie das Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh (CHE) ein so dilettantisches Vorgehen, würde sie mit Sicherheit – und zu Recht – in der Luft zerrissen. Ganz anders bei der „internationalen“ Sehweise. Überwiegend wird das, was man ein Ergebnis nennt, alle Jahre wieder gläubig und kommentarlos nacherzählt.

Wie unsinnig und widersprüchlich die Ergebnisse aussehen, lässt sich schon an einem Beispiel demonstrieren. Freiburg hat im Schanghai-Ranking Platz 99 erklommen, aus dem Niemandsland der Nummern 101 bis 150 kommend. In Deutschland hat die Universität gerade den Exzellenz-Status verloren. Beide Entscheidungen entbehren einer nachvollziehbaren Grundlage: Tabellen, wie Schanghai sie liefert, sind absurd, und über „Elite“ nach Zukunftskonzepten zu entscheiden, ist unangemessen. Genauso unsinnig ist es, wenn in Ranglisten vor allem auf die Reputation unter Forschern und Arbeitgebern abgestellt wird, wie es das britische QS World University Ranking tut.

In Deutschland hat das Ranking von anfänglich unbrauchbaren Tabellen, die sich allein nach einem Kriterium richteten (etwa nach der Anzahl der ausländischen Gastwissenschaftler oder nach dem Drittmittelaufkommen) inzwischen einen relativ hohen Qualitätsstandard erreicht. Führend ist dabei das CHE, nicht zuletzt, weil man dort inzwischen eingesehen hat, dass es nicht darauf ankommt, exakte Platzierungen vorzunehmen oder womöglich ganze Institutionen zu bewerten. Vielmehr ist interessant und lässt Schlüsse zu, wie einzelne Fächer in ihrem Verbund einzuordnen sind.

Wenn sich einzelne Universitäten, wie Hamburg oder Fachverbände, wie die Historiker oder Sozialwissenschaftler, nicht mehr an den Erhebungen beteiligen, ist das letztlich kurzsichtig. Denn die Aussagen aus Gütersloh werden durchaus politisch und damit auch finanziell bei der Ausstattung beachtet. Eine Mitwirkung schließt ein, bei methodischen Schwächen Verbesserungsvorschläge zu machen. Beim Schanghai-Ranking ist das hoffnungslos. Das ist Unfug und sollte auch so behandelt werden. In Zukunft am besten: noch nicht mal ignorieren.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schreiben: george.turner@t-online.de

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