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Schule: Mathe-Chaos mit Folgen

Panne beim Abitur in NRW: Die vor zwei Monaten abgelegten Prüfungsklausuren in Mathematik werden neu geschrieben, weil sie für Kursgruppen einiger Schulen zu schwierig waren. Einige Aufgaben waren offenbar gar nicht lösbar.

Die Mathe-Klausur ist der reine Wahnsinn, seitenlange Texte und Zahlenkolonnen. Man liest, blättert vor und zurück – die Zeit läuft ab, die Lösungsbögen bleiben weiß: Ein Albtraum, der viele Abiturienten lebenslang verfolgt, wird jetzt in Nordrhein-Westfalen wahr. Die vor zwei Monaten abgelegten Abiturprüfungsklausuren in Mathematik werden am 17. Juni neu geschrieben, weil sie für Kursgruppen einiger Schulen zu schwierig waren, verfügte jetzt Schulministerin Barbara Sommer. Nachschreiben können alle, die mit ihrer Punktzahl nicht zufrieden sind. Das bedeutet nicht nur eine Belastung für die Betroffenen. Die Panne stellt aus der Sicht von Kritikern auch das vor einem Jahr eingeführte Zentralabitur in Frage.

Was stimmte nicht mit den Klausuren? Sie wurden zwar nach Angaben des NRW-Bildungsministeriums von vielen Schülern gut bewältigt, fielen aber an etlichen Schulen so schlecht aus, dass eine Wiederholung gerechtfertigt sei. Die Aufgaben für den Mathe-Leistungskurs seien „zu umfangreich und von den Schülern nicht zu bewältigen gewesen“, sagt Andreas Merkendorf, Vorstandsreferent beim NRW-Philologenverband, der Vereinigung der Gymnasiallehrer. Schüler hätten geklagt, dass sie allein eine von vier Klausurstunden dafür gebraucht hätten, die komplexen Aufgabenstellungen überhaupt zu überblicken. Und zwei der Aufgaben seien dann „nicht lösbar“ gewesen.

Im ersten Aufgabenkomplex für die Leistungskurse sollten die Schüler geometrische Berechnungen zu einem Oktaeder anstellen, der in einem Würfel „einbeschrieben“ war (siehe Grafik). Die Dicke des Oktaeders sollte berechnet, Koordinaten der Eckpunkte sowie Schnittpunkte bestimmt und schließlich das Volumen einer abgeschnittenen Pyramide ermittelt werden. In dieser Aufgabe hätten „unlogische Schlüsse und fehlende Angaben die Schüler irregeleitet“, sagt Merkendorf. Die Grundkurse erhielten laut Ministerium eine „abgespeckte“ Version.

Die zweite Aufgabe kam aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung: „Der deutsche Basketball-Profi Dirk Nowitzki spielt in der amerikanischen Profiliga NBA beim Club Dallas Mavericks. In der Saison 2006/2007 erzielte er bei Freiwürfen eine Trefferquote von 90,4 %.“ Zu lösen waren dann Aufgaben zu Trefferquoten in verschiedenen Situationen. Der Bonner Mathe-Professor Peter Koepke stellte in einem Gutachten fest, dass eine entscheidende Angabe fehle, die die Schüler selbst hätten einsetzen müssen. Das könne man nicht verlangen. Das Ministerium hält dem Klausuren entgegen, in denen die volle Punktzahl erzielt wurde.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert die Abschaffung des NRW-Zentralabiturs. Es sei „mit Zeitdruck und wenig Ressourcen“ eingeführt worden. Wenn ganze Leistungskurse in die Nachprüfungen müssten, sei „etwas gründlich schiefgelaufen“. Es werde jetzt nach Ursachen für die Schwierigkeiten gesucht, sagt ein Ministeriums-Sprecher. Aber das stelle das Zentralabitur nicht infrage. Es sei eingeführt worden, um gleiche Standards für alle Schulen zu sichern. Ohne Zentralabitur würde die Diskussion um „leichte Schulen, schwere Schulen“ neu aufflammen. Amory Burchard

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