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Streit unter Berliner Studierenden: HU-Asta will Intitiativen keine Räume geben
Der Asta der HU entzieht zwei Studierendengruppen die Unterstützung bei der Raumvergabe. Die sehen darin eine Verletzung der Pflichten des Asta. Beide Seiten wähnen sich im Recht.
Stand:
Erst Anfang des Jahres hat sich das Cicero Forum als studentischer Debattierclub an der HU Berlin gegründet, um die politische Meinungsbildung unter Kommiliton:innen zu fördern. In den ersten beiden Veranstaltungen diskutierten die Teilnehmenden über das Gendern und die „Klimakleber“. Als die Gruppe beim Referent_innenrat (Refrat), dem Asta der HU, einen Raum für eine dritte Veranstaltung anfragte, wurde dies im April ohne Begründung abgelehnt.
Ähnlich erging es der Studierendengruppe Enactus Berlin. Der Verein initiiert die Gründung von sozialen und nachhaltigen Startups wie Snizzers, einem Mode-Label, an dem Geflüchtete mitwirken. Nachdem man Ende April mehrere Infoveranstaltungen mithilfe des Refrats durchgeführt hatte, teilte letzterer im Mai mit, dass Enactus Berlin vom Refrat ab sofort nicht mehr unterstützt werde.
Wie man an Uni-Räume gelangt
Den beiden Studierendengruppen wird es damit schwerer gemacht, ihre Agenden umzusetzen. Paul Neumeier, Vorsitzender und Mitgründer des Cicero Forums, sagt: „Um als Studierende Uni-Räume nutzen zu können, gibt es einen vorgesehenen Weg. Man stellt einen Antrag auf Raumnutzung beim Refrat. Wenn der sein Ok gibt, kann man sich an die Univerwaltung wenden und Räume erhalten.“ Die Vermittlung von Räumen an Studierende sei eine wesentliche Aufgabe des Refrats, der dieser nicht nachkomme.
Ohne das Ok des Refrats blieben Studierendengruppen zwei Optionen: Sich an eine Fakultät zu wenden oder sich vom Studentenparlament als Hochschulinitiative anerkennen zu lassen, um direkt bei der Univerwaltung Räume anzufragen. Darauf bestehen auch Leah und Chiara, die Pressereferentinnen des Refrats: „Es gibt auch andere Wege, um an Uni-Räume zu gelangen. Wir können Gruppen bei der Raumsuche unterstützen, das müssen wir aber nicht.“
Begründungen des Asta
Als die beiden Studentengruppen vom Refrat über dessen Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurden, gingen beide von einem Missverständnis aus. Auf Nachfrage erklärte der Refrat seine Beweggründe. Dem Cicero Forum wirft der Refrat vor, „rechten Meinungen eine Bühne zu bieten“, wie die Pressereferentinnen des Refrats angeben. „Auf uns sind Studierende zugekommen und haben uns mitgeteilt, dass sie sich durch die Veranstaltungsinhalte diskriminiert fühlen. Als Studierendenvertretende priorisieren wir den Schutz marginalisierter Gruppen und können das Cicero Forum deswegen nicht unterstützen.“
Auf uns sind Studierende zugekommen und haben uns mitgeteilt, dass sie sich durch die Veranstaltungsinhalte in ihrer Identität diskriminiert fühlen. Als Studierendenvertretende priorisieren wir den Schutz marginalisierter Gruppen und können das Cicero Forum deswegen nicht unterstützen.
Pressereferentinnen des Refrats der HU
Für Neumeier ist der Vorwurf nicht nachvollziehbar. Sein Verein trage zur politischen Meinungsbildung bei. Die Vorwürfe des Refrat kommentiert er so: „Wir sind erstmal offen für alle, die konstruktiv diskutieren wollen. Wenn aber jemand verfassungsfeindliche Dinge, rechte Propaganda oder Falschinformationen verbreitet, dann ist er bei uns nicht willkommen. So etwas ist bisher aber nicht vorgekommen.“ Neumeier mutmaßt: „Der Refrat hat sehr linke Tendenzen. Die Definition von rechten Inhalten scheint seitens des Refrat eine andere zu sein.“
Wenn jemand auf unseren Veranstaltungen verfassungsfeindliche Dinge, rechte Propaganda oder Falschinformationen verbreitet, dann ist er bei uns nicht willkommen. So etwas ist bisher aber nicht vorgekommen.
Paul Neumeier, Mitgründer und Vorsitzender des Cicero Forums
Während der Refrat dem Cicero Forum also explizit politisch motiviert seine Unterstützung entzogen hat, wird in Bezug auf Enactus formal argumentiert. Ihnen sei vom Refrat mitgeteilt worden, dass der Verein als gewerbenah eingestuft werde, sagt Sophie de Sombre, Co-Teamleiterin von Enactus. Dem wiederspricht de Sombre, man sei ein eingetragener Verein und erwirtschafte keinen Profit.
Man unterstütze Enactus in erster Linie deswegen nicht, weil Enactus nicht als Hochschulinitiative anerkannt worden ist, begründen dagegen die Refrat-Pressereferentinnen gegenüber dem Tagesspiegel die Entscheidung.
Vom Studierendenparlament abgewatscht
Um nicht mehr auf den Refrat angewiesen zu sein, hat Enactus genau das versucht. An zwei anderen Hochschulen, der BHT und der HTW, habe es geklappt, sich als Hochschulinitiative anerkennen zu lassen, sagt de Sombre. Das Studierendenparlament der HU habe den Antrag jedoch abgewiesen.
Aus dem Protokoll der Sitzung wird ersichtlich, dass sich die Delegierten vor allem an dem Dachverein Enactus Deutschland stören. Von dem Enactus-Vertreter Moritz Gerland sei eine öffentliche Distanzierung vom Dachverein gefordert worden, weil der Verbindungen zu Großkonzernen unterhalte und als neokolonial bewertete Projekte durchführe. Gerland kommt der Aufforderung nicht nach. Er wird außerdem gefragt, ob Enactus’ „politische Zielrichtung antikommunistisch“ sei. Gerland bezeichnet Enactus als „unpolitisch“. Letztlich wird sein Antrag in dem links dominierten Studierendenparlament, das auch die Refrat-Vertreter:innen wählt, abgelehnt.
Sich als Hochschulinitiative anerkennen zu lassen, hat das Cicero Forum gar nicht erst versucht. Stattdessen ist der Verein auf die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät zugegangen. Die Resonanz sei gut gewesen, mithilfe von zwei Dozenten habe man weitere Diskussionsabende im Juni abgehalten, auch wenn das mit „erheblichem Mehraufwand“ verbunden ist, wie Neumeier sagt. Auch Enactus Berlin will sich nun an selbige Fakultät wenden. Auf die Unterstützung des Refrats können und müssen sie verzichten.
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