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Seit 1958 wird am Mauna Loa kontinuierlich der Kohlendioxidgehalt in der Luft bestimmt. Keine andere Messstation kann auf eine so lange Messreihe verweisen.

© NOAA

Klimawandel: Treibhausgas auf Rekordhoch

Über Hawaii wurden erstmals mehr als 400 ppm Kohlendioxid gemessen. Für Klimaforscher kommt der Befund nicht überraschend. Die Folgen dürften dennoch schwerwiegend sein.

Auch wenn der vergangene Winter mit seinem frostigem Wetter einen anderen Eindruck erwecken mag, die weltweite Klimaentwicklung ist unverändert. Die Temperaturen steigen oder verharren auf hohem Niveau. Selbst im „kühlen“ Jahr 2012 lag die globale Durchschnittstemperatur fast 0,6 Grad Celsius über dem Schnitt des 20. Jahrhunderts. Als wesentliche Ursache für die Erderwärmung gilt der steigende Gehalt von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre. Das Treibhausgas führt dazu, dass weniger Wärme von der Erde ins All abgestrahlt wird, wodurch die Lufttemperatur langfristig zunimmt.

Der CO2-Gehalt hat nun eine Art Schallmauer durchbrochen. Wie die amerikanische Wetterbehörde NOAA mitteilt, registrierte ihre Messstation auf dem Mauna Loa (Hawaii) am Donnerstag erstmals eine Konzentration von 400 ppm. Das heißt 400 CO2-Moleküle pro eine Million Luftteilchen (parts per million, ppm). Zum Vergleich: Vor dem Beginn der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert lag der weltweite Kohlendioxidgehalt bei rund 280 ppm.

Das Observatorium am Mauna Loa ist eine Institution unter Klimaforschern. Seit 1958 wird dort regelmäßig durch Wissenschaftler des Scripps Institution of Oceanography der CO2-Gehalt bestimmt. So entstand die längste kontinuierliche Datenreihe zur Konzentration dieses Gases weltweit. 1974 kamen Rund-um-die-Uhr-Messungen der NOAA hinzu. Die beiden eigenständigen Programme ermöglichen es, die einzelnen Daten jeweils mit den „Konkurrenzmessungen“ zu vergleichen und so die Qualität zu sichern.

Die Daten aus Hawaii zeigen, dass der Kohlendioxidgehalt immer rascher zunimmt: von 0,7 ppm pro Jahr in den späten 50ern bis zu 2,1 ppm in den vergangenen zehn Jahren. „Die Steigerung ist keine Überraschung“, sagt der NOAA-Forscher Pieter Tans. „Es ist offensichtlich, dass der zunehmende CO2-Ausstoß durch das Verbrennen von Kohle und Öl die Entwicklung beschleunigt.“

Im vergangenen Jahr war China mit 21 Prozent Anteil am globalen CO2-Ausstoß der größte Verursacher, gefolgt von den USA (16 Prozent) und Indien (5 Prozent). Deutschland belegt mit gut 2 Prozent Platz sieben, wobei der Kohlendioxidausstoß hierzulande zuletzt wieder stieg. Das liegt unter anderem an einem steigenden Anteil von Kohlestrom.

Die Zunahme des CO2 und die damit verbundene Erderwärmung haben schwerwiegende Folgen. Dazu gehören etwa der Anstieg des Meeresspiegels sowie ein Rückgang der Artenvielfalt. Wie groß die Auswirkungen letztlich sein werden, kann keiner genau sagen. Das hängt zum einen damit zusammen, dass niemand weiß, wie viel Kohlendioxid in den nächsten Jahrzehnten tatsächlich in die Atmosphäre geblasen wird. Zum anderen ist das Klima ziemlich komplex, so dass selbst bei einer vorgegebenen CO2-Entwicklung die Modellrechnungen der Forscher verschiedene Temperatur- und Niederschlagsverteilungen ergeben.

Dieses Hin und Her der Prognosen lässt sich am Meeresspiegelanstieg studieren. Der geht einerseits auf die Ausdehnung des Ozeanwassers infolge der Temperaturerhöhung zurück. Ein zweiter Treiber ist das Schmelzen von Gletschern auf dem Festland, die große Mengen Wasser ins Meer bringen. Doch wie viel genau? Glaziologen um Tad Pfeffer erschreckten vor fünf Jahren mit einer Studie, wonach allein die grönländischen Eismassen bis 2100 einen halben Meter zum weltweiten Meeresspiegelanstieg beitragen könnten. Sie argumentierten mit einem immer schnelleren Rückgang der Gletscher.

Der ist zwar da, aber nicht so dramatisch, schrieb dagegen 2012 ein Team um Twila Moon im Fachblatt „Science“. Demnach werde der Anteil Grönlands am steigenden Wasser bis 2100 weniger als zehn Zentimeter betragen. Diesen Befund stützt eine aktuelle Studie von Faezeh Nick und Team in „Nature“. Ihren Modellen zufolge werden die schrumpfenden Gletscher Grönlands nur vier bis acht Zentimeter zum Pegelanstieg beitragen. Insgesamt dürfte er bis zum Ende des Jahrhunderts, je nach Temperaturverlauf, zwischen 30 und 90 Zentimetern liegen. Das geht aus einem Entwurf des nächsten IPCC-Sachstandsberichts hervor.

Der Klimawandel beeinflusst auch die Lebenswelt. Zwar kennt die Natur hohe Temperaturen und CO2-Konzentrationen aus der Erdgeschichte. Doch das Tempo der Veränderungen kennt sie nicht – lässt man Katastrophen wie Asteroideneinschläge einmal außer Acht. So nimmt der CO2-Gehalt aktuell 100-mal schneller zu als zum Ende der letzten Eiszeit. Je schneller sich die Umwelt verändert, umso schwieriger gerät die Anpassung. Schreitet die Erderwärmung weiter so zügig voran, könnten bis 2080 bis zu zwei Drittel der Pflanzen und die Hälfte der Tiere mit einem massiven Lebensraumverlust konfrontiert sein, berichten jetzt Rachel Warren von der University of East Anglia und Kollegen in „Nature Climate Change“. Sie hatten dafür 50 000 Arten analysiert. Rasches Handeln gegen den Klimawandel könnte den Verlust begrenzen und den Spezies eine zusätzliche Anpassungszeit von rund 40 Jahren geben, schreiben die Forscher.

Doch das Klimasystem hat lange Reaktionszeiten. So wird auch der CO2-Gehalt vorerst weiter steigen: von Norden nach Süden, weil sich auf der Nordhalbkugel mehr Produzenten des Klimagases befinden. Nachdem die 400-ppm-Grenze im letzten Jahr mehrfach in der Arktis durchbrochen wurde, war es nun im subtropischen Hawaii soweit. In den nächsten Jahren wird die Südhalbkugel folgen.

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