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In den Tropen wird das Meer blauer – Blick auf Gewässer bei Papua (Indonesien)-

© Getty Images/jokoleo

Tropen verlieren, Arktis gewinnt: Satelliten zeigen Verschiebung der Ozeanfarben

Während sich die Ozeane in hohen Breiten stärker begrünen, verliert das Wasser in den Tropen an Chlorophyll und wird blauer. Das hat Folgen für Fischbestände und die Küstenwirtschaft vieler Länder.

Von Annett Stein

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Die Ozeane ergrünen polwärts, wie Satellitenbilder zeigen. Gleichzeitig wird das Ozeanwasser in subtropischen Regionen der Nordhalbkugel blauer. Die Färbung geht auf das grüne Pigment Chlorophyll zurück, über das die energieliefernde Photosynthese von Phytoplankton – winzigen Algen und Cyanobakterien – abläuft. 

Weniger Chlorophyll bedeutet eine geringere Energieausbeute und damit ein geringeres Wachstum der Lebensformen im Meer, die die Grundlage aller Nahrungsketten bilden. Auswirkungen auf die Fischerei und die Wirtschaft von Küstenstaaten seien zu befürchten, schreibt das Team um Haipeng Zhao von der Duke University in Durham (USA) im Fachjournal „Science“.

Schere zwischen Regionen vergrößert sich

Einen deutlichen Chlorophyll-Anstieg verzeichnete der Auswertung zufolge unter anderem der Arktische Ozean. Die Forschenden hatten Satellitenbilder von der Meeresoberfläche des offenen Ozeans aus den Jahren 2003 bis 2022 ausgewertet. Demnach gibt es ein zunehmendes Ungleichgewicht: Grüne Bereiche mit höherem Chlorophyll-Gehalt werden vor allem in der nördlichen Hemisphäre grüner – es wird von Lebensformen dort also offenbar immer mehr Photosynthese betrieben. Blaue Bereiche hingegen werden blauer, verlieren also an – ohnehin geringerer – Produktivität. „Das ist so, als ob die Reichen reicher und die Armen ärmer werden“, sagte Zhao.

Ozeane tragen etwa zur Hälfte zur Primärproduktion der Erde bei, auf der das Nahrungsnetz aller Lebewesen basiert. Ein anhaltender Rückgang des Phytoplanktons in äquatorialen Regionen könnte die Fischerei verändern, auf die viele Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen wie die Pazifikinseln für ihre Ernährung und wirtschaftliche Entwicklung angewiesen sind, so die Autoren.

Das ist so, als ob die Reichen reicher und die Armen ärmer werden.

Haipeng Zhao, Duke University in Durham (USA)

Mehr als die Hälfte des weltweiten Fischfangs stammt demnach derzeit aus tropischen und subtropischen Regionen, in denen die Ozeane blauer werden. Die Wissenschaftler halten einen Rückgang der Fischbestände und damit der Fangmengen dort und eine Zunahme in hohen Breitengraden für möglich.

Temperatur als entscheidender Faktor

Entscheidende Einflussfaktoren für die Chlorophyll-Konzentration sind den Wissenschaftlern zufolge Meeresoberflächen-Temperatur, Lichtverfügbarkeit, Windgeschwindigkeit und die Dicke der gut durchmischten Oberflächenwasserschicht. In der Auswertung zeigte sich die Temperatur als wichtiger Faktor, die Auswirkungen der anderen Faktoren waren nicht eindeutig, wie das Team um Zhao erklärt.

Es bleibe abzuwarten, ob die in den 20 Jahre umfassenden Aufzeichnungen ersichtlichen Trends natürliche Schwankungen seien – oder aber durch den Klimawandel bedingt. Der Untersuchungszeitraum sei bisher zu kurz, um den Einfluss von wiederkehrenden Klimaphänomenen wie El Niño auszuschließen. „Frühere Studien legen nahe, dass Satellitenzeitreihen eine Länge von etwa 30 bis 40 Jahren aufweisen müssten, um klimabedingte Chlorophyll-Trends von interner Variabilität zu unterscheiden.“

Werden die besten Fischgründe woanders liegen?

„Unsere Beobachtungen der polwärts gerichteten Begrünung und der zunehmenden Breitenunterschiede decken sich jedoch mit Projektionen für das 21. Jahrhundert, die einen anhaltenden Rückgang der Nettoprimärproduktivität in den niedrigen und mittleren Breiten verbunden mit einer Zunahme in den höheren Breiten voraussagen“, erläutern die Forschenden. Von Studien an Land sei bekannt, dass es dort eine kontinuierliche Zunahme der Begrünung gebe.

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