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Überlebt: Die Geschichte einer Heilung von Krebs
So ist es immer: Die Nachricht, an Krebs erkrankt zu sein, stellt das Leben auf den Kopf. Auch das des Arztes Hartmut Wewetzer, des ehemaligen Ressortleiters der Tagesspiegel-Wissenschaft.
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Noch ein Buch über Krebs? Gibt es nicht genügend? Dieses ist anders, nicht nur, weil der Autor über seine eigene Krankheitsgeschichte schreibt, sondern als Medizin- und Wissenschaftsjournalist detailliert und verständlich über alle möglichen Krebsarten, über Diagnosen, Therapien, Nachsorge berichtet. Hartmut Wewetzer weiß, worüber er redet. Er ist Arzt und war lange Ressortleiter Wissenschaft beim Tagesspiegel.
„Es ist kurz vor vier, als ich aufwache. Ärger von gestern steigt wieder in mir hoch. Aber da ist noch etwas anderes. Mein Herz schlägt hektisch. … Es bricht aus mir heraus. Schwallartig übergebe ich mich. Es sind bis zu zwei Liter Blut.“ Wewetzer fährt ins Krankenhaus. Die erste Diagnose ist falsch, verharmlosend. Doch kurz darauf, im Januar 2014, dann die Aussage: „Sie haben Magenkrebs.“
Mitten im Leben dem Tode nah
In der Hälfte der Fälle ist Magenkrebs tödlich, hat der Tumor bereits gestreut, sinkt die Überlebenschance auf 15 Prozent. Frauen erkranken daran meist erst mit 76 Jahren, Männer im Mittel mit 71 Jahren. Wewetzer ist damals 52. Ein Geheimnis macht er aus seiner Erkrankung dennoch nicht. Er begibt sich in die Hände des Gesundheitswesens, eine Odyssee.
Das Grübeln über Ursachen der eigenen Erkrankung bleibt, trotz allen Vorwissens, auch bei Wewetzer nicht aus. Im Buch wird deutlich, wie sehr ihn Leute ärgern, die für alles eine Erklärung parat zu haben meinen. Alles Mögliche werde als Krebsursache angeprangert, doch das Meiste davon stimmt nicht. Das Buch beschreibt gut, wie das die Erkrankten verunsichert und unangebrachte Schuldgefühle einflößt. Als krebsfördernd gesichert sind nur Faktoren wie etwa Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum, ungesunde Ernährung, Umweltgifte, in einigen Fällen Erbfaktoren oder auch Viren. Die Krankheit treffe auch Menschen, die immer auf ihre Gesundheit geachtet haben und umgekehrt bleibe auch der eine oder andere verschont, der seinen Körper vernachlässigte.
Besser in Spezialbehandlung
Was Hartmut Wewetzer an Wissenschaft sehr nachvollziehbar beschreibt, ist oft auch für Menschen neu, die sich mit dem Thema auskennen. Die Diagnostikmethoden von CT bis zu Blutuntersuchungen; die Früherkennungsmöglichkeiten, die er kritisch hinterfragt; die Behandlungsformen von Chemotherapie über Bestrahlung und Chirurgie bis zu neueren Ansätzen wie der Hormon- und Immuntherapie. Er selbst geht in ein Berliner Uniklinikum – und rät allen Betroffenen dringend, sich in spezialisierte Behandlung zu begeben.
Der Gedanke, ausgeweidet zu werden, schockiert mich.
Hartmut Wewetzer, Autor
Auch Wewetzers Ausflüge in die Medizingeschichte, über Rudolf Virchow und Paul Ehrlich, über die Historie des Röntgens, der Narkose und OP-Methoden, sowie über pharmazeutische Fortschritte, sind lesenswert.
Bei ihm schlägt die Chemo zunächst gut an. Doch der Magen muss mitsamt eines Stückes Speiseröhre und vielen Lymphknoten entfernt werden. Obwohl selbst Arzt schreibt er: „Der Gedanke daran, ausgeweidet zu werden, schockiert mich in gewisser Weise. Aber ich weiß, dass ich keine andere Wahl habe.“
Auch „alternativen Heilmethoden“ widmet Wewetzer ein Kapitel. Doch das meiste davon ordnet er als nicht hilfreich ein, manches beeinflusse die Krebsbehandlung sogar negativ.
Das Buch endet mit dem Kapitel „Ende einer Reise: Fünf Jahre danach“. Die 5-Jahres-Überlebensrate gilt in der Krebsmedizin als „Heilung“, wenn auch nicht mit hundertprozentiger Sicherheit. Im Februar 2019 verkündet Wewetzers Arzt, dass kein Tumor mehr, keine Metastasen sichtbar seien. „Ich kann Sie als geheilt entlassen.“
Das Leben des Medizinjournalisten hat der Krebs dennoch verändert. Er verlässt seinen Job bei der Tagesszeitung und wechselt an ein Bundesinstitut, eines, das sich mit Risiken beschäftigt. Auch Krebs.
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