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Ein Vorschlag: Pussy Riot könnte das Jubiläum der UdK maßgeblich tragen.

© picture alliance / dpa / dpa/DENIS SINYAKOV

UdK-Jubiläum: Mit Pussy Riot ein Ausrufezeichen setzen

Wenn die Berliner Universität der Künste im Jahr 2025 ihren 50. Geburtstag feiert, muss sie sich davon überwältigen lassen. Nur eine Erschütterung ist eine Chance für die Uni. Ein Gastbeitrag.

Stand:

Im Jahr 2025 feiert die Universität der Künste in Berlin ihren fünfzigsten Jahrestag. Und damit stellt sich die Frage, ob sie dem künstlerischen Impuls in ihrem Namen gerecht werden kann. Wird sie in der Lage sein, die geplante Jubiläumsfeier in etwas anderes zu verwandeln als ein Betriebsjubiläum, an das ihr Name ebenfalls erinnert? Denn die Universität ist weitgehend zu einem Betrieb erstarrt, ebenso wie die Kunst.

Jubiläen sind Anlässe, um für eine kurze Zeit den gewohnten Lauf der Dinge zu unterbrechen. Sie schwanken zwischen zur Schau stellender Gegenwartsfeier, aufarbeitender Geschichtsstunde, einer Warnung vor den Ungewissheiten, die die Zukunft birgt, und einem Zuspruch, der die Aussichten wieder aufhellt. Denn so schlecht sei man gar nicht aufgestellt und Zuversicht sei durchaus vertretbar. 

Eine Kunstuniversität, die, sieht man von ihren Prestigeprofessuren ab, für ihre künstlerischen, wissenschaftlichen, handwerklichen und administrativen Mitarbeiter nur triste Teilzeitexistenzen vorsieht, und die durch vertragliche Bindungen gezwungen ist, die Ausbildung freier Künstler hintanzustellen und den Betrieb auf die Fabrikation von Lehrern und Lehrerinnen abzurichten, hat eigentlich nicht viel zu feiern.

Eine Repräsentationsmaschine? Bitte nicht

Die Berliner Landespolitik, die sich mit Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft schmückt, ist nicht imstande oder unwillens, sie ausreichend auszustatten.

Eine Jubiläumsfeier ist aber auch ein Dennoch, die Ausstellung eines Ausrufezeichens, das von allem gesetzt wird, was den Betrieb übersteigt. Gerade deshalb darf das Jubiläum dem Konformismus der beschwichtigenden Betriebsfeier nicht nachgeben, muss es eine Bresche in ihn schlagen.

Es gibt einen einzigen Weg, wie das an der Universität der Künste gelingen kann.

Statt sich auf Streitereien einzulassen und Kompromisse herbeizuführen, die aus dem Jubiläum eine Repräsentationsmaschine machen, mit Orchester, Reden, Gesang, Schaukästen, Performances und eigens erzeugten oder archivierten Werken, statt den Impuls zur Schaffung von Neuem und Anderem zu verraten, muss die Universität der Künste auf ein rücksichtsloses Outsourcing setzen, das der Betrieb nur als unnötige und unverantwortliche Maßnahme abtun kann.

Nur durch eine radikale Außenperspektive, durch einen Zugriff, der nicht bereits vorab eingehegt ist, mag die Universität der Künste dem Jubiläum als Betriebsjubiläum entwischen.

Alexander García Düttmann und Marcus Quent

Die Organisation der Jubiläumsfeier muss in die Hände von ästhetisch und politisch avancierten Künstlerinnen und Künstlern gelegt werden, die nicht der Universität der Künste angehören!

Nur durch eine radikale Außenperspektive, durch einen Zugriff, der nicht bereits vorab eingehegt ist, mag die Universität der Künste dem Jubiläum als Betriebsjubiläum entwischen. Sie muss sich von ihrem Jubiläum überraschen und überwältigen lassen. Sie muss die Kontrolle darüber verlieren, indem es ihr einen Stoß versetzt, den sie nicht vorwegzunehmen vermag.

Ein Stoß, eine Erschütterung als Chance

Für einen solchen Stoß, für eine solche Erschütterung, in der allein eine Chance liegen kann, muss sie einen bedingungslosen und offenen Raum schaffen.

Gewiss: Was eine Chance birgt, eine Chance zur Erneuerung des künstlerischen Impulses und zum Erstarken des Widerstands gegen die betriebsmäßige Einebnung, kann ebenfalls eine verhängnisvolle Wendung zeitigen, verpuffen und verschwinden. Wer aber nicht bereit ist, ein Risiko einzugehen, bleibt von Anfang an im Mittelmaß stecken.

Namen wären: Albert Serra, Pussy Riot

Gewiss: Die Entscheidung darüber, welchem Künstler oder welcher Künstlerin, welchem künstlerischen Kollektiv oder Individuum, die ästhetisch und politisch avanciert sind, die Aufgabe einer Organisation der Jubiläumsfeier übertragen wird, muss und wird umstritten bleiben, kann nicht einfach ein konsensueller Entschluss sein, auch nicht nachträglich. Über diese Unmöglichkeit aber, wird sie einmal anerkannt, lässt sich vielleicht eine weitgehende Einstimmigkeit herstellen.

Namen? Ja, wir können Namen nennen. Zum Beispiel Albert Serra. Oder Pussy Riot.

Wird die Universität der Künste den Mut haben, zu dem künstlerischen Impuls in ihrem Namen zu stehen, die Ausrufezeichen ernst zu nehmen, die ihre Künstler und Künstlerinnen und ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen täglich setzen, und die Herausforderung einer Jubiläumsfeier zu bejahen, die sie aus den Angeln hebt?

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