
© Eva Murašov
Uni-Karrieren in Berlin: Wie es für junge Forscher weitergeht, dürfte erst 2026 klar sein
Welche Verträge Berliner Universitäten Nachwuchsforschern künftig bieten müssen, ist weiter offen. Die umstrittene Gesetzesnovelle für Postdocs sollte ab April greifen. Jetzt wurde sie erneut vertagt.
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Welche Karrieren die Hochschulen für junge Forschende bieten, darüber streitet Berlin seit Jahren. Eine 2021, noch von der rot-rot-grünen Regierung beschlossene Novelle des Hochschulgesetzes sollte Bewerbern mit Doktortitel bessere Chancen auf eine Dauerstelle bieten. Die schwarz-rote Koalition schob den Start der Neuregelung, den umstrittenen „Paragraf 110“, auf April 2025 auf. Jetzt beschloss der Senat, mit der Änderung ein weiteres Jahr zu warten. 2026 dürfte sie – stark abgeschwächt – in Kraft treten.
Der Änderungsantrag, um die Umsetzungsfrist für die Unis bis zum Jahresende 2025 zu verlängern, wurde am Montag im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses mit Stimmen von SPD und CDU beschlossen. Er geht nun ins Plenum. Wie die Verträge für wissenschaftliche Mitarbeiter auf sogenannten Qualifikationsstellen aussehen, regeln die Hochschulen in ihren Satzungen. Auf solchen Stellen arbeiten Forschende zum Beispiel auf einen Posten als Professorin hin. Wegen der Gesetzesnovelle müssen die Satzungen angepasst werden. Die neue Frist dafür ist nun der 31. Dezember dieses Jahres.
Wir glauben, dass es sinnvoll und notwendig ist, weiterhin Postdocs manchmal auch befristete Verträge anbieten zu können.
Günter M. Ziegler, FU-Präsident und Sprecher der Berlin University Alliance
Sicher ist aber: Der umstrittene Kern der Novelle wird wohl nicht mehr enthalten sein, wenn sie 2026 in Kraft tritt. Dieser hatte nach dem Beschluss 2021 zu großen Verwerfungen in der Szene geführt: Postdocs, die auf (von der Uni und nicht Dritten finanzierten) Stellen beschäftigt werden, sollten nur noch entfristete Verträge bekommen. Dass dieser Plan gekippt wurde, ließ Wissenschafts-Staatssekretär Henry Marx (SPD) Ende vergangenen Jahres durchblicken. Auch ist aus den Unis zu hören, dass sie die Karrierewege für Postdocs zwar per neuer Satzung verbessern wollen, aber aufatmen, dass keine Dauerstellen-Pflicht auf sie zukommt.
Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität und Sprecher der Berlin University Alliance (BUA), sagte dem Tagesspiegel, man begrüße den Aufschub, es bringe mehr Zeit für die Gestaltung der Karrierewege. Zur gekippten Dauerstellen-Pflicht sagte er: „Wir glauben, dass es sinnvoll und notwendig ist, weiterhin Postdocs manchmal auch befristete Verträge anbieten zu können.“
Das Thema beschäftigt die Hochschullandschaft so, weil Wissenschaftskarrieren mit viel Unsicherheit verbunden sind, viele Forschende hangeln sich von Vertrag zu Vertrag, manche bis sie 50 sind. Während manche Fürsprecher aus dem akademischen Mittelbau die Absage der radikalen Berliner Regelung bedauern und Czyborras Kehrtwende kritisieren – in anderer Funktion hatte sie die Novelle einst mitentworfen –, weisen Gegner den Paragrafen 110 mit seinem Entfristungs-Versprechen als verfassungswidrig oder allein aus Finanzierungsgründen als unrealistisch zurück.
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