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Herta Oberheuser stand wegen Kriegsverbrechen im Konzentrationslager Ravensbrück vor Gericht. Sie war an spektakulären Menschenversuchen im KZ beteiligt.

© imago/United Archives International

Tagesspiegel Plus

Untersuchung zu NS-Ärztinnen: „Es gibt wohl kaum eine Gräueltat, die nicht begangen wurde“

Der Mediziner Edzard Ernst beleuchtet die oft übersehene Rolle von Ärztinnen im Nationalsozialismus. Die Ergebnisse werfen ein neues Licht auf die Beteiligung von Frauen in der NS-Medizin.

Stand:

Herr Ernst, Sie haben die Rolle der Frauen in der Ärzteschaft im Dritten Reich untersucht. Mit welchem Ergebnis?
Da gibt es sicher das gesamte Spektrum von gut bis böse. Ich habe mich in meiner Untersuchung nur auf ein Ende dieses Spektrums beschränkt. Um die Frage zumindest teilweise zu beantworten: Es gibt wohl kaum eine Gräueltat, die von deutschen Ärztinnen des Dritten Reichs nicht begangen wurde.

Warum haben Sie sich auf die Ärztinnen beschränkt?
Ich hatte vor allem zwei Gründe: Erstens ist die Annahme weitverbreitet, dass die Frauen unter den Ärzten deutlich humaner waren als die Männer. Diesen Trugschluss wollte ich richtigstellen. Zweitens ist dieses spezielle Thema bislang kaum bearbeitet worden. Diese Lücke wollte ich füllen.

Die Annahme, weibliche Ärzte seien in der NS-Zeit humaner gewesen, ist ein Trugschluss, so der Medizinhistoriker Edzard Ernst.

© Getty Images/brandstaetter images

Woran lag es, dass es anfangs im Dritten Reich relativ wenige Ärztinnen gab?
Die NS-Ideologie sah vor, dass Frauen in erster Linie die Aufgabe hatten, Kinder zu gebären und den Männern zur Seite zu stehen. Hinzu kam, dass die Medizin traditionell eine Männersache war. Dass Frauen zum Medizinstudium zugelassen wurden, war in der Zeit ein relatives Novum. Das änderte sich erst langsam, als die Männer in der Medizin rar wurden, weil viele in der Wehrmacht ihren Dienst versehen mussten und so die Versorgung der Zivilbevölkerung gefährdet war.

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