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Hat keinen Schein in Stanford gemacht. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen nahm die Uni trotzdem als Station in ihren Lebenslauf auf.

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Neue Vorwürfe gegen Verteidigungsministerin: US-Uni Stanford wirft von der Leyen Missbrauch des Namens vor

Ursula von der Leyen nennt in ihrem Lebenslauf Stationen an der Eliteuni - angeblich zu Unrecht. Eine Stanford-Kennerin verteidigt die Ministerin aber.

Die US-Elite-Universität Stanford wirft Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach Recherchen der „Welt am Sonntag“ einen Missbrauch des Hochschulnamens vor. Die Ministerin führe in ihrem Lebenslauf Stationen in Stanford auf, sei aber nach Auskunft einer Unisprecherin in keinem offiziellen Programm eingeschrieben gewesen, das mit einem Schein oder akademischen Abschluss abgeschlossen werde.

Ein Sprecher der Ministerin sagte der Zeitung jedoch, die in ihrem Lebenslauf aufgeführten Angaben zu ihrer Zeit in Stanford seien durch schriftliche Dokumente belegbar. Von der Leyen habe als Gast Seminare besucht und ehrenamtlich in der Krankenhausverwaltung gearbeitet. Außerdem habe sie gemeinsam mit einer eingeschriebenen Studentin eine Studie zu Behandlungen von Unfruchtbarkeit verfasst, deren Veröffentlichung von einem Fachjournal jedoch abgelehnt worden sei. Die Verteidigungsministerin will nun selbst eine offizielle Stellungnahme der Universität Stanford einholen.

Im Lebenslauf auf der Homepage des Verteidigungsministeriums erwähnt von der Leyen einen „Aufenthalt in Stanford, Kalifornien/USA“ von 1992 bis 1996. Außerdem führt sie dort zusätzlich für 1993 „Auditing guest: Stanford University, Graduate School of Business“ und für 1995 „Marktanalyse, Stanford Health Services Hospital Administration“ an.

Nach Auskunft einer Sprecherin der Stanford-Universität in Kalifornien werden für Tätigkeiten solcher Art allerdings keine Leistungsnachweise der Hochschule ausgestellt. Ein offizieller Einschreibenachweis oder ein Zertifikat zu einem Seminar oder eine Arbeit lägen nicht vor.

Nach den Maßstäben der Elite-Universität reichten die belegten Aktivitäten von der Leyens nicht aus, um den Namen Stanford im akademischen Lebenslauf anzugeben. „Sie war in keinem offiziellen Programm involviert, bei dem man ein Zertifikat oder einen akademischen Grad erhält“, zitiert die Zeitung die Sprecherin. Normalerweise gehe die Uni von einem Missbrauch ihres Namens aus, wenn er auf diese Art in einen Lebenslauf eingebaut werde.

Eine Kennerin, die seit Jahrzehnten mit der Universität Stanford in engem Kontakt steht, sagte dem Tagesspiegel, sie sei zum jetzigen Zeitpunkt skeptisch, ob die „Welt am Sonntag“ die Haltung der Universität wirklich korrekt wiedergegeben hat. Möglicherweise habe die Zeitung mit einer auf das Gespräch unvorbereiteten Sachbearbeiterin gesprochen. Auch habe das Wort „misuse“ im amerikanischen Gebrauch keineswegs die moralische Wucht des deutschen Begriffs „Missbrauch“. Vor allem habe von der Leyen „präzise aufgeführt, was sie in Stanford gemacht hat.“ Es sei sehr gut möglich, dass die Universität ihr die Gasthörerschaft und auch die Mitarbeit an der Marktanalyse damals selbst angetragen habe. Denn Stanford sei anders als deutsche Universitäten schon seit Jahrzehnten „keine Männergesellschaft“ mehr. Es sei dort selbstverständlich, dass die Uni der fähigen Ehefrau eines Gastwissenschaftlers eine anspruchsvolle Tätigkeit eröffne. Von der Leyen habe in ihrer Zeit in Stanford „nicht nur Bridge gespielt“, dies dürfe sie in ihrem Lebenslauf auch ausdrücken.

Von der Leyen kündigte am Sonntag an, sie wolle von der Universität selbst eine offizielle Auskunft einholen.

Die akademische Karriere der Ministerin wird derzeit auch in Deutschland unter die Lupe genommen. Die Medizinische Hochschule Hannover überprüft ihre Doktorarbeit von 1990, nachdem ihr Plagiatsjäger Regelverstöße vorgeworfen hatten. Wann dazu ein Ergebnis vorliegt, ist noch offen. (dpa/Tsp)

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