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Professor Martin Rennert - der Präsident der Universität der Künste Berlin

© Pein

Vielfalt der Aufgaben: Künste sind mächtig

Ort der Künste, der Ausbildung und des forschenden Denkens und politischer Akteur - zum Wandel universitärer Aufgaben

Die Rolle von Universitäten hat sich verändert. Waren es vor Kurzem vor allem Personen, die forschend, lehrend und kommentierend öffentlich sichtbar waren, sind es nun die Institutionen selbst, die politisch agieren. Das müssen sie auch, wollen sie zu den Besten zählen, denn der Bezugsrahmen ist größer geworden: Internationalisierung, Verbünde, Kooperationen sind Stichworte, die auf eine Ortsungebundenheit hinweisen, die andere Bedingungen des Erfolges kennt, als sich im Regionalen leicht herstellen lassen. Dies trifft für die Universität der Künste Berlin in besonderem Maße zu.

Zehn Jahre in diesem Amt bedeuten auch zehn Leitartikel an dieser Stelle, und beim Überfliegen der Themen fällt auf, wie sehr die Vielfalt der Aufgaben zugenommen hat. Urheberrechte, Kunst und Wissenschaft, die Berufung von Ai Weiwei und unser Bekenntnis zur Freiheit der Kunst auch an anderen Orten, der Begriff „Exzellenz“, Lehrerbildung sind nur einige der Themen dieser Kolumne und der UdK gewesen. Ständig kamen neue hinzu, da wir davon überzeugt sind, dass es eine spezielle Perspektive gibt, die aus dem Künstlerischen eingenommen werden und Entscheidendes beitragen muss.

Manches wirkt zunächst prosaisch, wie die Chancen und Risiken der Digitalisierung, oft vor allem unter wirtschaftlich-wettbewerblichen Gesichtspunkten gesehen: ein Thema, dem sich die UdK seit Jahren im Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) gemeinsam mit der Humboldt-Universität und dem Wissenschaftszentrum Berlin gestellt hat. Gar nicht prosaisch sind aber Verfassungs- und Arbeitsrecht, Kulturpolitik, Medien, Zensur und Kommunikation – lauter uns alle betreffende Felder, zu denen dort geforscht und publiziert wird.

Internationales Renommee ist Verpflichtung

In der UdK ist allen bewusst, dass unser Gewicht gering wäre, wenn die Hauptaufgabe nicht exzellent erfüllt würde: die Lehre und Entwicklung der Künste. Unser internationales Renommee verschafft uns an vielen Stellen Gehör, ist aber auch Verpflichtung. In einer Welt, in welcher Kunst an zunehmend vielen Orten als ein Privileg Weniger, ein in seiner grundsätzlichen Bedeutung marginalisierter Aspekt des Daseins betrachtet wird, können wir nicht anders, als neue Aufgaben offensiv annehmen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, unsere, auf bekannt großen Erfolgen, auf schierer Größe, aber auch auf der politischen und wirtschaftlichen Stabilität unserer Heimat beruhende Bewegungsfreiheit überall zu nutzen, wo es möglich und notwendig ist.

Künste sind mächtig. Vor allem Gehirne gewinnen durch sie an Kraft. Sich für Bildung insgesamt, speziell aber künstlerische Bildung einzusetzen, ist unausweichlich, wollen wir dort ernst genommen werden, wo wir von Emanzipation, aber eben auch der Nuanciertheit sprechen, die menschlicher Wahrnehmung und so auch Kommunikation erst durch Kunst zuwächst. Reden wir von verödeten Landstrichen und brutalisierten Gemeinden, ist es auch unsere Aufgabe, identitätstiftende und so aufklärende Infrastruktur schützen und entwickeln zu helfen, deren Schleifung nie wieder rückgängig zu machen ist.

Um Gelassenheit zu werben im Umgang mit dem Experimentellen, zunächst Unverständlichen: eine weitere Aufgabe, wo wir einen Erfahrungsvorteil haben, der uns allen im Dialog der Kulturen helfen kann. Wir sind ein Ort der Künste, der Ausbildung, des forschenden Denkens, aber gerade deswegen auch politischer Akteur, der sich zu Wort melden und im Interesse nicht nur unserer Studierenden und Disziplinen, sondern auch in jenem der sie tragenden Gesellschaft Allianzen bilden und wirken muss.

Der Autor ist Präsident der Universität der Künste Berlin.

Martin Rennert

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