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Von der Sensation zum Skandal: Archäologe weist Manipulationsvorwürfe als „Kampagne“ zurück
Hat ein Landesarchäologe bedeutende Funde manipuliert? Der Beschuldigte bestreitet alles, spricht von einer Kampagne – und kritisiert die Methoden der Behörden.
Stand:
Ein Archäologe aus Rheinland-Pfalz steht unter Verdacht, bedeutende archäologische Funde manipuliert zu haben. Das rheinland-pfälzische Innenministerium wirft dem bereits seit längerer Zeit suspendierten Landesarchäologen vor, mehrere Schädel und Schädelfragmente absichtlich falsch datiert zu haben. Zudem soll er fehlerhafte Angaben zu zwei als Sensationsfunden bekannten Entdeckungen gemacht haben: dem „Neandertaler von Ochtendung“ und dem „Schlachtfeld von Riol“.
Der Archäologe weist nun alle Anschuldigungen zurück. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) erklärte er: „Die Vorwürfe sind erkennbar unbegründet und konstruiert.“ Nach eigenen Angaben habe er während seiner 36-jährigen Tätigkeit stets nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.
Die mutmaßlichen Manipulationen, darunter fehlerhafte Datierungen von Fundstücken, hätten ihn tief getroffen, so der Beschuldigte weiter. In einer schriftlichen Stellungnahme bezeichnete er die Vorwürfe als Teil einer Kampagne, die seinen Ruf und seine Person beschädigen solle. Besonders kritisiert er, dass er erst über die Medien von den Anschuldigungen erfahren habe. „Es hat vorher nie eine Anhörung meiner Person dazu gegeben, noch ein wissenschaftlicher Diskurs stattgefunden“, erklärte er gegenüber dpa.
Zweifel an Sensationsfunden
Im Zentrum der Vorwürfe stehen zwei bekannt gewordene Entdeckungen: der „Neandertaler von Ochtendung“ und das „Schlachtfeld von Riol“. Nach Angaben des Innenministeriums ergaben Untersuchungen, dass der Schädel, der als ältester Beleg für Neandertaler in Rheinland-Pfalz galt, bis zu 170.000 Jahre jünger sei als ursprünglich angenommen. Der Archäologe widerspricht dieser Darstellung und hält die angewandte Methode zur Altersbestimmung für ungeeignet.
Auch die Datenlage zum „Schlachtfeld von Riol“, das als Fundort einer Schlacht zwischen Römern und Treverern im Jahr 70 n. Chr. galt, sei laut Innenministerium unzureichend. Der Beschuldigte argumentiert in seinem Schreiben an dpa dagegen, dass Schlachten in der römischen Epoche oft großflächig verteilt gewesen seien und Riol lediglich einen Teil des historischen Geschehens abbilden könne.
Laufendes Disziplinarverfahren
Nach Angaben von dpa läuft derzeit ein Disziplinarverfahren gegen den Archäologen, das auf die mutmaßlichen Manipulationen zurückgeht. Bereits vor den aktuellen Vorwürfen war ein anderes Verfahren gegen ihn eingeleitet worden, dessen Gründe bislang nicht bekannt sind. Der Archäologe selbst sieht die lange Verfahrensdauer als Beweis dafür, dass die Anschuldigungen haltlos seien. In einer schriftlichen Erklärung wies er darauf hin, dass weder eine Kürzung seiner Bezüge noch eine Dienstenthebung erfolgt sei.
Die Überprüfung der Funde und Datierungen durch die zuständigen Stellen läuft weiterhin. (Tsp)
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