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26 Sperrungen in fünf Jahren: Die Berliner Hochschulen kämpfen gegen den Verfall an
Die Ausfälle wegen kaputter Gebäude an Berlins Universitäten häufen sich. Eine Anfrage der Berliner Linken zeigt, wie hoch der Schaden ist. Und was der Sanierungsstau kostet.
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Berlin ist einer der größten Wissenschaftsstandorte Europas und für exzellente Arbeit bekannt. Forschung oder Lehre werden an vier der elf staatlichen Hochschulen allerdings erschwert: Wegen Baumängeln und Verfall können sie aktuell nicht all ihre Räumlichkeiten nutzen. Neue Zahlen geben nun Aufschluss darüber, wie groß die Einschränkungen sind, was die Mängelbeseitigung kostet und ob es bei der Sanierung hakt.
8,5 Prozent der Hochschulflächen sind nach Angaben der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft derzeit betroffen. Dies geht aus einer Antwort auf eine kleine Anfrage von Tobias Schulze, Fraktionsvorsitzender der Berliner Linken, hervor.
26 Mal tauchten demnach in den vergangenen fünf Jahren plötzlich Schäden an Hochschulgebäuden auf. Aus „bauordnungsrechtlichen, brandschutzrechtlichen, statischen“ oder ähnlichen Gründen, wie die Senatsverwaltung schreibt, mussten dann Teile oder ganze Häuser gesperrt werden.
Insgesamt sind derzeit 38 von rund 460 landeseigenen Hochschulgebäuden teils oder ganz gesperrt, berichtet die Senatsverwaltung. Die Zahl schließt neben den schadenbedingten Sperrungen auch laufende geplante Sanierungen ein.
Wen der Sanierungsstau am stärksten trifft
Auf die Größe der jeweiligen Hochschule bezogen, muss sich die Berliner Hochschule für Technik (BHT) mit den meisten Einschränkungen arrangieren. Dort sind aktuell rund zehn Prozent der gesamten Nutzungsfläche (8613 Quadratmeter) aus den genannten Gründen nicht nutzbar. Dabei sind ein Ergänzungsneubau und der Tech-Campus, den das Land im Terminal A des ehemaligen Flughafens Berlin-Tegel aufbauen möchte, nicht eingerechnet.
Ob das Tegel-Vorhaben überhaupt gelingt, stellen weitere Umbauverzögerungen und Kostensteigerungen in Frage: Der Campus wird wohl nicht vor 2035 fertig und dürfte dann 830 statt 459 Millionen Euro kosten. Zuletzt gab es Signale des Senats, dass ein Teil der Mittel für die Sanierung fließen kann. Wann genau die Arbeiten beginnen können, blieb aber offen.
Seit Jahren klagt die BHT, die derzeit etwa 12.700 Studierende und Beschäftigte zählt, über Platzmangel.
In der Rangliste folgen zwei deutlich größere Unis: An der Humboldt-Universität (HU) sind rund neun Prozent Flächen oder 31.016 Quadratmeter gesperrt, an der Technischen Universität (TU) rund acht Prozent oder 51.026 Quadratmeter.
An der Freien Universität (FU) betreffen die auf Sanierungsstau zurückführenden Sperrungen rund 5 Prozent der Uniflächen und damit 17.611 Quadratmeter.
So viel kosten die Sanierungen
Nach Angaben der BHT kostet es rund 18 Millionen Euro, um vier Gebäude zu sanieren und wieder in Betrieb zu nehmen, die derzeit wegen Schadstoffbelastung oder Brandschutzmängeln gesperrt sind.
Die HU listet 17 Sanierungsprojekte auf, dies schließt aber auch geplante Instandhaltungen ein. Die nötigen Sanierungen belaufen sich auf mindestens 300 Millionen Euro, zählt man die Posten der Liste zusammen.
Die TU Berlin machte keine Angaben zu den Kosten.
Die Linke wollte von den Unis außerdem wissen, ob sie befürchten, dass es in der nahen Zukunft zu weiteren Ausfällen wegen maroder Gebäude kommt. Hier nennt die BHT ihr Haus Grashof, wo derzeit eine Untersuchung auf Schadstoffe laufe. Die HU befürchtet an fünf Orten weitere Schließungen, und zwar wegen Bau- oder Brandschutzmängeln.
Geld für Sanierungen wird nicht komplett abgerufen
Mit Blick auf den Sanierungsstau weist der Linken-Politiker Schulze auf eine weitere Zahl hin, die nicht in der Antwort der Senatsverwaltung enthalten war, aber ebenfalls Aufschluss in der Sache gibt. Und zwar die Zuschüsse für Bauvorbereitungen, die die Hochschulen vom Land bekommen – als Investitionsmittel, also zusätzlich zu ihrem Grundbudget.
Dass hierfür viel höhere Summen angesetzt wurden, als am Ende an die Hochschulen floss, sei Schulze zufolge ein weiteres Indiz dafür, dass es beim Sanieren nicht vorangeht. Zwar nutzen die Unis auch ihre Rücklagen, um neu zu bauen und zu sanieren. Unter dem Spardruck allerdings liegen viele Projekte zunächst auf Eis, die Unis dürften also stärker auf die zusätzlichen Investitionsmittel angewiesen sein.
Und hier zeigt sich: 2024 wurden von den rund 5,36 Millionen 1,44 Millionen Euro abgerufen. Im Jahr 2025 flossen bis Ende November nur rund 770.000 der vorgesehenen 7,42 Millionen Euro an die Hochschulen, um Bauprojekte zu starten.
Liegt es daran, dass die interne Verwaltung zu langsam ist, oder hat die Senatsverwaltung am Ende weniger Geld für die Bauvorbereitungen bereitgestellt, als geplant war? Julia von Blumenthal, HU-Präsidentin und Sprecherin der Landesrektorenkonferenz der Berliner Hochschulen, hat der Tagesspiegel am Montagnachmittag angefragt, die Antwort steht noch aus.
Der Senat jedenfalls beteuerte zuletzt immer wieder, die Bauprobleme trotz Sparvorgaben schneller lösen zu wollen: mit einer Landesbaugesellschaft, die auch kreditfinanziert bauen soll, und einem Gesamtplan, der sich nach Dringlichkeit richtet. Die Vorhaben werden in drei Gruppen geteilt: besonders dringliche Instandhaltungen, mittelfristig anstehendes und „langfristige Investitionsbedarfe“.
Für erstere, also die besonders dringlichen Bauvorhaben, rechnet der Senat mit Kosten von etwa 860 Millionen Euro, ist dem Papier zu entnehmen.
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