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Ein Eisbär im Nordpolarmeer auf einer Eisscholle.

© Foto: dpa/Ulf Mauder

Wegen schmelzendem Eis in der Arktis: Veränderter Wasserkreislauf im hohen Norden

Die rasche Erwärmung der Arktis hat den Wasserkreislauf in nördlichen Regionen verändert. Japanische Forscher haben den Prozess nun genauer analysiert und warnen vor möglichen Folgen.

Von Stefan Parsch, dpa

Der Eisrückgang im Nordpolarmeer beeinflusst das Wetter auf dem Festland im Norden: Weil über dem offenen Ozean die Luft mehr Wasser aufnehmen kann, kommt es beispielsweise immer öfter zu starken Regen- und Schneefallereignissen im nördlichen Sibirien (Russland). Dies hat wiederum Auswirkungen auf den tauenden Permafrostboden, aus dem etwa das starke Treibhausgas Methan entweicht. Zu diesen Ergebnissen kommt die Untersuchung einer Wissenschaftlergruppe um Tomonori Sato von der Hokkaido University in Sapporo (Japan). Die Studie ist im Fachjournal „npj Climate and Atmospheric Science“ erschienen.

Sato und seine Kollegen griffen auf JRA-55 zurück, einen hochwertigen und homogenen Datensatz des japanischen Wetterdienstes Japan Meteorological Agency. Auf dieser Datenbasis simulierten sie die Luftfeuchtigkeit und Niederschläge im Norden Sibiriens im Zeitraum 1981 bis 2019.

Das Ergebnis: Je größer die eisfreien Flächen in den Meeren nördlich von Russland waren, desto mehr Luftfeuchtigkeit wurde nach Sibirien getragen. Zu den Meeresgebieten zählen etwa die Barentssee, die Karasee und die Ostsibirische See. Trotz großer Schwankungen zwischen den einzelnen Jahren ergab sich ein Trend zu mehr Schneefall im Herbst – in Westsibirien (westlich des Urals) stärker als in Ostsibirien.

„Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, den äquatorwärts gerichteten Feuchtigkeitstransport während der Saison der Schneeansammlung zu überwachen“, schreiben die Forscher. So könnte dieser lokale Schneestürme verstärken, wenn die Verdunstung aus dem Arktischen Ozean in naher Zukunft zunimmt.

In der Nordpolregion steigen die durchschnittlichen Lufttemperaturen etwa doppelt so schnell wie in anderen Regionen der Welt. Ein Grund: Während das helle Packeis die Sonneneinstrahlung größtenteils reflektiert, nimmt der dunkle, eisfreie Ozean mehr Wärmestrahlung von der Sonne auf, was das Eis noch schneller schmelzen lässt.

Weitere mögliche Folgen: Weniger Permafrost, mehr Methanausstoß

Im Herbst ist das Wasser im Arktischen Ozean noch relativ warm und die Nordwinde können viel verdunstendes Wasser aufnehmen und auf den eurasischen Kontinent tragen. Bei zunehmender Erderwärmung dürften die Niederschläge auch häufiger als Regen fallen. „Extreme Niederschlagsereignisse im Herbst könnten die Vertiefung der Aktivschicht in Permafrostgebieten beschleunigen“, warnen die Forscher.

Diese obere Bodenschicht taut, anders als der Permafrost, im Sommer auf. In den Permafrostböden ist viel Kohlenstoff gespeichert, der beim Tauen etwa als Methan entweicht, das als Treibhausgas etwa 25-mal so stark wirkt wie Kohlendioxid.

Das Team um Sato konzentrierte sich in seiner Studie zwar auf Sibirien. Doch eine ausgeprägte Ausdehnung der arktischen Feuchtigkeit nach Süden findet sich auch über der Beringstraße und der Region vom Nordosten Kanadas bis zur Baffin Bay, nicht aber auf Grönland. Starke Schneefälle in Europa konnten schon in früheren Studien mit einer geringen Eisbedeckung in der nordöstlich gelegenen Barentssee in Verbindung gebracht werden.

Die Forscher empfehlen, als nächstes Studien zur Verknüpfung der Veränderungen der Verdunstung, des Luftfeuchtigkeitstransports und der Sturmbahn entlang der Küstenregionen des Arktischen Ozeans durchzuführen.

Die Überwachung des Verhaltens der arktischen Feuchtigkeit sollte für Untersuchungen im Zusammenhang mit schweren Schneestürmen in Regionen rund um das Polarmeer wichtig sein, so das Team, „da der Feuchtigkeitstransport nach Süden wahrscheinlich mit Kaltluftausbrüchen aus der polaren Luftmasse einhergeht“.

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