
© Rainer Günther
Weltnaturkonferenz – Vielfalt erhalten: Der Nasenfrosch ist ein echter Typ
Leicht zu übersehen, aber mit seinem spitz zulaufenden Kopf ein Hingucker: der Nasenfrosch. Von einem Sammlungsleiter entdeckt, machte er am Museum für Naturkunde Karriere.
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Anlässlich der Weltnaturschutzkonferenz in Montréal vom 7. bis 19. Dezember beschreiben wir in Zusammenarbeit mit dem Museum für Naturkunde Berlin (MfN) täglich eine bedrohte, ausgerottete oder gerettete Spezies aus dessen Sammlung. Ziel der Konferenz ist ein neues Weltnaturabkommen, in dem sich die Weltgemeinschaft verpflichtet, das Arten- und Lebensraumsterben bis 2030 zu stoppen. Mit den Einblicken in die Berliner Sammlung wollen wir exemplarisch zeigen, was auf dem Spiel steht. Autorin der Artikelfolge ist Gesine Steiner, Sprecherin des MfN. Heute: der Nasenfrosch.
Über 100 neue Arten entdeckt
Choerophryne microps ist gerade einmal so groß wie ein Daumennagel. Dieser winzige Frosch ist eine von insgesamt 102 neuen Arten, die Rainer Günther, ein Berliner Experte für Amphibien, im Regenwald Neuguineas bisher aufspürte. Der Taxonom, der bis 2006 zwanzig Jahre lang die Sammlung von Amphibien und Reptilien im Museum für Naturkunde Berlin betreute, unternahm diese Forschungsreise im Jahre 1998 mit seinem Kollegen Immo Tetzlaff.
Eines Abends liefen die beiden Forscher an einem Fluss entlang. Immer wieder hörten sie einen keckernden Frosch-Ruf. Diesen Ruf hatte Günther noch nie gehört. Die Beiden folgten dem Rufen, lauschten, gingen ganz leise weiter, lauschten, tasten sich weiter vorwärts – und schließlich wussten sie sicher: Der Frosch sitzt auf oder an einem dünnen Bäumchen. Günther leuchtete mit seiner Taschenlampe.
Und da saß er – seine spitze Nase schaute aus einer kleinen Höhlung des Stämmchens heraus. Vorsichtig hielt Günther die Mini-Höhle mit seiner Hand zu, Tetzlaff kappte das Stämmchen und der Frosch sprang direkt aus seiner Mini-Höhle in die Tüte. Achtsam trugen sie das kleine Tier zu ihrem Camp.
Erste Untersuchungen zeigten, dass dieser Frosch einem anderen Frosch ähnelte, der bereits 1911 beschrieben worden war. War der kleine Nasenfrosch somit schon früher entdeckt worden? Doch ein zweiter Blick förderte auffällige Detailunterschiede zutage. Günther hatte doch eine noch unbekannte Froschart entdeckt. Er nannte sie Choerophryne microps und veröffentlichte seinen Fund im Jahre 2008.
Ein Däumling als Star der Sammlung
Dieser Frosch zählt wie annähernd 200.000 weitere zu den Stars der wissenschaftlichen Forschungssammlung des Museums. Warum? Diese Tiere, anhand derer neuentdeckte Arten beschrieben wurden, sind der biologische Maßstab, um sich in der Welt der Vielfalt zu orientieren. Typen heißen sie und ihre Bedeutung ist – wie der Urmeter für die Physik – zentral, um die Biodiversität zu verstehen und letztlich auch um sie zu erhalten und zu fördern.
Mehr als 450 Froscharten sind derzeit von Neuguinea und den umliegenden Inseln bekannt, aber Günther ist fest davon überzeugt, dass dort mehr als 1000 vorkommen. Und er scheint Recht zu behalten. Im Jahr 2021 beschrieb er noch einmal elf neue Froscharten aus Neuguinea, und weitere Neubeschreibungen sind schon in Vorbereitung.
Neugierig? Die ausführliche Geschichte kann im neu im DTV-Verlag erschienenen Buch von Michael Ohl mit dem Titel „Expeditionen zu den Ersten ihrer Art“ nachgelesen werden.
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