
© Marc Jerusel/MfN Berlin / Marc Jerusel/MfN Berlin
Weltnaturkonferenz – Vielfalt erhalten: Ein Stör vom chinesischen Fischhändler
Anlässlich der Weltnaturschutzkonferenz in Montréal beschreiben wir täglich eine bedrohte, ausgerottete oder gerettete Spezies aus dem Museum für Naturkunde Berlin.
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Anlässlich der Weltnaturschutzkonferenz in Montréal vom 7. bis 19. Dezember beschreiben wir in Zusammenarbeit mit dem Museum für Naturkunde Berlin (MfN) täglich eine bedrohte, ausgerottete oder gerettete Spezies aus dessen Sammlung. Ziel der Konferenz ist ein neues Weltnaturabkommen, in dem sich die Weltgemeinschaft verpflichtet, das Arten- und Lebensraumsterben bis 2030 zu stoppen. Mit den Einblicken in die Berliner Sammlung wollen wir exemplarisch zeigen, was auf dem Spiel steht. Autorin der Artikelfolge ist Gesine Steiner, Sprecherin des MfN. Heute: der chinesische Schwertstör.
Appetit auf Kaviar
„Psephurus gladius (v. Martens, 1862), ,Chinesischer Schwertstör’, ZMB 11002, 1190 mm Totallänge, Ning-po-fu am Unterlauf des Jün-ho, Internationale Fischereiausstellung Berlin, 1880“. So lautet der kurze Steckbrief eines der wertvollsten Exemplare in der Sammlung des Museums für Naturkunde Berlin.
Im Zuge der Preußischen Ostasienexpedition (1859-1861) hat Eduard von Martens, ein später weithin bekannter Berliner Zoologe, diesen merkwürdigen Fisch am 3. März 1861 „im Hause eines Chinesischen Fischhändlers zu Woosung“ erstmals für die westliche Wissenschaft entdeckt In seiner Beschreibung erkannte er die nahe Verwandtschaft zum Amerikanischen Gegenstück, dem Löffelstör Polyodon spathula aus dem Mississippi.
Der Chinesische Schwertstör fraß, soweit bekannt, gern größere Fische – nicht Plankton und kleine Krebse wie sein amerikanischer Verwandter. Sein schmalerer Stirnfortsatz war dicht mit elektrischen Sinnesorganen angefüllt, die bei der Beutesuche im trüben Wasser halfen.
Wie eine Balancierstange verhinderte die lange „Nase“ der Löffelstöre außerdem einen Purzelbaum durch den plötzlich veränderten Wasserwiderstand an der Kopfunterseite, wenn er das Maul öffnete. 200 Millionen Jahre können die Ursprünge dieser bis sieben Meter langen Knochenfische zurückverfolgt werden. Dann kam der Mensch – und mit ihm sein Appetit auf Kaviar.
Im Jahre 2010, als der Ostflügel des Museums mit den wertvollen Nass-Sammlungen als Forschungsinfrastruktur eröffnet wurde, galt der Chinesische Schwerstör als fast unrettbar. Obwohl zu dieser Zeit in China geschützt, erging es diesem eindrucksvollen Fisch nicht anders als seinen europäischen und amerikanischen Verwandten. Intensive Fischerei, Gewässerverschmutzung und Wanderhindernisse – wie weitere Staudammbauten, die die Laichgründe bei Yibin am Oberlauf abgeschnitten – setzten ihm massiv zu.
Das letzte Exemplar des Chinesischen Schwerstörs, so das Wissenschaftsmagazin „Science“, starb zwischen 2005 und 2010. Seit 2020 gelten diese Lebewesen offiziell als ausgestorben. Für jeden sichtbar ist das seltene Exemplar in der Nass-Sammlung im Ostflügel des Museums für alle Zeiten als Mahnung und Forschungsobjekt konserviert.
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