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Mit Kuscheln und gegenseitiger Fellpflege stärken Rhesusaffen ihre sozialen Bindungen, auch außerhalb der Verwandtschaft.

© Erin Syracusa

Wildwechsel: Alte Affenbande sind kostbar

Im Alter weniger soziale Kontakte zu haben gilt für Menschen als Gesundheitsrisiko. Rhesusaffen suchen sich einen verträglicheren Weg zwischen Quantität und Qualität.

Eine Kolumne von Patrick Eickemeier

Wenn man ein Grundschulkind fragt, wen es alles zu seiner Geburtstagsfeier einladen möchte, fallen meist sehr schnell die Namen von ein, zwei oder drei „besten“ Freunden oder Freundinnen. Dieser intime Kreis wird umgehend erweitert, um Klassenkamerad*innen und Bekanntschaften aus anderen Lebensbereichen. Und geht es nach der Einladungsliste, müssten für Teenagerpartys meist größere Räumlichkeiten gemietet werden.

Im Laufe des Lebens wird der Freund*innenkreis der meisten Menschen jedoch kontinuierlich kleiner – und offenbar auch der von Rhesusaffen. Das ergab eine Verhaltensstudie an einer Gruppe der Tiere, die auf der Insel Cayo Santiago vor Puerto Rico lebt, auch bekannt als „Monkey Island“.

Rhesusaffen stammen eigentlich aus Asien. Sie haben das größte Verbreitungsgebiet aller Affenarten, das sich von Afghanistan über Indien, Thailand und Vietnam bis nach China erstreckt, wahrscheinlich auch aufgrund ihrer flexiblen Lebenshaltung als Allesfresser und teilweise auch Kulturfolger, die sich an Menschen nicht besonders stören. Sie leben in Gruppen von 20 bis 200 Tieren und gelten unter Primatenforschenden als temperamentvoll.

Mutter-Kind-Beziehungen sind eng, unter Weibchen lebenslang.

© Erin Syracusa

Die Beobachtungen auf Monkey Island liefen über acht Jahre und es wurde bei mehr als 200 Tieren untersucht, wie sich ihre Freundeskreise entwickelten. Das Sozialleben der Rhesusaffen ist von Rangordnungen geprägt, getrennt nach weiblich und männlich, und von familiären und freundschaftlichen Beziehungen. Die sind gut daran zu erkennen, wer mit wem Zeit verbringt und wer wem das Fell pflegt. Zwar bleiben die Weibchen meist lebenslang in der Gruppe, in die sie geboren wurden. Ihre sozialen Kontakte schränken sie aber zunehmend auf Verwandte und wenige Gruppenmitglieder ein.

Die Tiere verhalten sich diesbezüglich ähnlich wie Menschen, was eine tiefere evolutionäre Bedeutung vermuten lässt, berichtete das Forschungsteam im Fachmagazin „PNAS“. Allerdings lassen Studien an Menschen eher darauf schließen, dass soziale Verarmung gesundheitsschädlich ist und etwa die Entwicklung von Demenzen begünstigt.

Grooming ist bei verschiedenen Affen und Menschenaffen eine Form, das Fell und soziale Beziehungen zu pflegen.

© Erin Syracusa

Vielleicht ist das Verhältnis von Qualität und Quantität der Kontakte ausschlaggebend dafür, ob sich die Verkleinerung des Freundeskreises positiv oder negativ auswirkt und außerdem die Frage, wer sich zurückzieht. Die älteren Affenweibchen auf Monkey Island sind es selbst, die ihre Kontakte einschränken, obwohl sie für andere weiterhin attraktive Freundinnen wären. Zudem verbringen sie mit den verbliebenen Vertrauten und Verwandten ähnlich viel Zeit wie zuvor mit dem größeren Kreis.

Vielleicht verändern sich die Vorteile, die Freundschaften haben, mit dem Lebensalter, vermuten die Forschenden. Für ältere Affen scheint es leichter und auch sicherer zu sein, sich an Familie und wenige, bewährte Befreundete zu halten. Es gilt ja auch, Streit und ansteckende Krankheiten zu vermeiden. Für junge Rhesusaffen geht es dagegen eher darum, soziale Spielräume zu erkunden und mögliche Partner*innen zu finden. Geburtstagspartys jüngerer Affen wurden nicht beobachtet, aber man darf vermuten: Hätten sie Einladungslisten, wären sie auch sehr lang.

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