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Martin Lohse, Ex-Chef des MDC.

© promo

E-Mail-Affäre: "Wir hatten nie eine Chance"

Nachdem MDC-Chef Martin Lohse wegen durchgestochener E-Mails sein Amt aufgeben muss, kritisiert ein in die Affäre involvierter Forscher den Berliner Senat.

Nachdem Martin Lohse die Leitung des Max-Delbrück-Centrums in Berlin-Buch nach einer E-Mail-Affäre aufgeben muss, meldet sich der darin verwickelte Forscher zu Wort. Über das Berufungsverfahren am Berliner Institut für Gesundheitsforschung (BIG) vor zwei Jahren, bei dem er sich selbst beworben hatte, sagt der aus dem Ausland stammende Wissenschaftler, der anonym bleiben will: „Mich wundert, dass der Berliner Senat das Verfahren gutgeheißen hat. Die Internationalisierung der deutschen Wissenschaft ist entscheidend für die wirtschaftliche Zukunft. Ich selbst und viele andere hervorragende Kandidaten aus dem Ausland hatten am BIG nie eine Chance trotz unseres hervorragenden Standings in der Wissenschaft.“ Wie berichtet konnte damals der Eindruck entstehen, der Vorstand habe versucht, vorbei am regulären Verfahren den Heidelberger Medizinprofessor Roland Eils zu berufen. Eils ist inzwischen Professor für digitale Gesundheit am BIG.

Lohse konnte sich offenbar im Vorstand nicht durchsetzen

MDC-Chef Martin Lohse hatte wie berichtet Unterlagen aus dem offenbar problematischen Berufungsverfahren an mindestens einen Mitbewerber von Eils geleitet, wie aus einem vom Bundesforschungsministerium beauftragten KMPG-Gutachten hervorgeht. Offenbar wollte Lohse Eils verhindern und stachelte den Mitbewerber an, eine Konkurrentenklage anzustrengen. Damit verstieß Lohse gegen die Schweigepflicht. Dem Vernehmen war die Personalie Eils bei mehreren einflussreichen Personen am MDC, das am BIG maßgeblich beteiligt war, auf großen Widerstand gestoßen. Lohse versuchte, den Wünschen seiner Kollegen nachzukommen, konnte sich im Vorstand des BIG aber offenbar nicht durchsetzen, ist aus Wissenschaftskreisen zu hören.

Mails aus dem Verfahren gelangten auch an den Tagesspiegel. Der Mitbewerber hat heute über Lohse wenig Gutes zu sagen: Dieser habe in das Verfahren nicht eingegriffen, weil es entgegen der Standards lief, sondern wegen eigener Interessen. Dabei habe er das MDC und die scientific community im Stich gelassen. Er selbst warte noch immer auf eine Antwort, wie es mit ihm weitergeht. Der Forscher wünscht sich weiterhin, in Berlin arbeiten zu können.

"Sonst verlangt der Senat immer absolute Transparenz"

Eine Professorin der Humboldt-Universität, die ebenfalls anonym bleiben will (der Name ist der Redaktion bekannt), schickte am Donnerstag eine Mail an den Tagesspiegel. Darin hieß es: „Traurige Vorgänge für das MDC und die Berliner Wissenschaft. Allerdings auch verwirrend: wenn wir an einer Berliner Uni neue Kollegen und Kolleginnen rekrutieren, verlangt der Senat absolute Transparenz: jede Bewerbung muss bewertet werden, Berufungslisten müssen genau so viele Frauen wie Männer enthalten, etc. Wie konnte das hier so anders laufen und wer hatte ein Interesse daran?“ Was aus der Konkurrentenklage des Wissenschaftlers geworden ist, war auch am Donnerstag nicht in Erfahrung zu bringen.

Weder zu dem Verfahren noch zu Lohses Vorgehen wollten sich verschiedene Aufsichtsratsmitglieder vom MDC und vom BIG am Donnerstag äußern, auch Charité-Chef Karl Max Einhäupl lehnte eine Stellungnahme ab. Michael Müller, Berlins Regierender Bürgermeister und Wissenschaftssenator, erklärte lediglich: „Wir danken Herrn Prof. Lohse sehr für sein Engagement für den Wissenschaftsstandort Berlin und wünschen ihm alles Gute für die Zukunft.“

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