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ARCHIV - Besucher besichtigen am 03.02.2012 das Erkundungsbergwerk Gorleben. Kernkraftgegner klagen erneut gegen die sogenannte Veränderungssperre für den Salzstock Gorleben. Sie wollen so seit Jahren juristisch verhindern, dass sich der Bund eine mögliche Nutzung als Endlager für Atommüll offenhält.

© picture alliance / Julian Strate/Julian Stratenschulte

Wohin mit dem Atommüll?: Die Antwort wird noch lange auf sich warten lassen

Eine Lösung für den verseuchten Abfall ist nicht in Sicht. Da ist es zumindest ein kleiner Trost, dass Deutschland nicht noch mehr davon produziert.

Richard Friebe
Ein Kommentar von Richard Friebe

Stand:

So richtig überrascht hat es niemanden: Die Suche nach einem sicheren Endlager für deutschen Atommüll auf – beziehungsweise in – deutschem Boden, sie wird wohl viel, viel länger dauern als bislang anvisiert.

Die Gründe sind geologischer, soziologischer und technologischer Natur: Es ist extrem schwer, geeignete Formationen aus Fels oder Salzstöcken zu finden, die wirklich den Anforderungen entsprechen, hochgradig giftiges und hochgradig strahlendes Material über Jahrhunderte und Jahrtausende sicher zu verpacken.

Endlager: Alle brauchen eins. Keiner will eins.

Wenn es überhaupt möglich ist. Die geologischen Tatsachen in Deutschland in Kombination mit den Eigenschaften der Stoffe, um die es geht, sprechen nach Meinung vieler Fachleute dagegen.

Und selbst wenn man einen Ort fände und sich für ihn entscheiden würde, würde die Umsetzung extrem schwierig werden. In einem demokratischen System wie dem unseren wären noch viele administrative Hürden zu nehmen. Zudem müsste man absehbar auch noch alle Versuche der lokalen Bevölkerung und ihrer Unterstützer, ein Endlager „in ihrem Vorgarten“ abzuwenden, rechtssicher und unter Bürgerbeteiligung – so wie im derzeit geltenden Verfahren versprochen – ausräumen.

Wenn das überhaupt möglich ist. Die bisherigen Erfahrungen mit der Endlagersuche in Deutschland, die in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts begann, sprechen jedenfalls nicht dafür.

Und selbst wenn das gelänge, stünden noch die eigentlichen, technologisch und logistisch wahrscheinlich sehr herausfordernden Arbeiten an. Denn nicht nur ein „Berg“ muss sich eignen, sondern auch ein „Bergwerk“ muss dann noch gebaut, oder ein bestehendes entsprechend ausgebaut werden.

Wir müssen alle sehr, sehr alt werden, um es – vielleicht – noch zu erleben

Das verlegt laut den neuen Schätzungen die mögliche erste Einfahrt eines Atomwaggons in einen solchen Schacht in eine Zeit, in der auch heute noch recht junge Menschen schon ihren 100sten Geburtstag hinter sich haben werden.

Denn es ist sogar nur die Standortentscheidung, also nicht etwa die Inbetriebnahme eines Lagers, mit der laut dem Gutachten des Freiburger Öko-Instituts nicht vor 2074 zu rechnen ist. Möglich ist, dass es selbst dann noch keinen verlässlichen Plan für Endlager geben wird.

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Castor-Behälter mit hochradioaktivem Müll warten in Deutschland auf ein endgültiges „Zuhause“.

Natürlich ließen die politischen Bekundungen, die Suche beschleunigen zu wollen, nicht lange auf sich warten. Doch dafür bräuchte es wahrscheinlich ein ganz neues Verfahren und neue Gesetze.

Wenn man sich die derzeitige Lage vor Augen führt, kann man jedenfalls in Deutschland zumindest über eines froh sein: den Atomausstieg.

Castoren ohne Heimat

Zwar ging es in den Atomkraft-Diskussionen vor allem um die Sicherheit der Anlagen. Aber der Atommüll und die Ratlosigkeit, wohin mit ihm, waren immer das rational plausibelste Argument, in Kernkraftwerken nicht noch mehr davon produzieren zu lassen.

Dass man in einem bald verfügbaren sicheren Endlager ja auch noch viel mehr Atommüll als den, den es schon gibt, unterbringen könnte, war immer eines der wichtigsten Argumente, mit der Atomkraft weiterzumachen. Doch wenn es kein Endlager gibt, oder nur vielleicht und vielleicht irgendwann, fällt auch dieses Argument weg.

Ohne Endlager und ohne realistische Aussicht, bald eines zur Verfügung zu haben, können wir froh sein, uns nur mit 120.000 Kubikmetern schwach und mittelradioaktiven Abfällen sowie 27.000 Kubikmetern hochgradig strahlenden Mülls – das sind knapp 1800 Castor-Behälter – beschäftigen zu müssen. Die sind derzeit in sogenannten, teils schon jetzt als hochproblematisch geltenden, Zwischenlagern an ehemaligen Atomkraftstandorten und in ehemaligen Bergwerksschächten untergebracht. Sie weiter sicher „zwischen-“ zu lagern, wird schwierig genug.

Strom jedenfalls lässt sich auch anders als per Kernspaltung klimafreundlich produzieren.

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