
© Horizon Aircraft
Zukunft des Fliegens: Der seltsame Senkrechtstarter mit den Hybridflügeln
Propeller da, wo niemand sie erwartet. Start ohne Startbahn. Und diese Tragflächen! Die teilelektrische „Cavorite“ ist ein wirklich neuartiges Flugzeug. Doch auch die Konkurrenz bleibt nicht am Boden.
Stand:
Ab und an kommt man nicht umhin, ein neues Wort oder eine neue Abkürzung zu lernen. Zum Beispiel Evtol.
Das „e“ steht natürlich für „elektrisch“. Der Rest bedeutet „Vertical Take-Off and Landing“, also Senkrecht-Start und -Landung. Derzeit versuchen sich mehrere Unternehmen daran, solche Flugzeuge zu bauen.
Der Firma „Horizon“ in Kanada ist mit einem wirklich ungewöhnlichen Modell jetzt erstmals ein erfolgreicher Testflug mit Senkrecht-Start, Übergang in den Tragflächen-Flug und dann wieder senkrechter Landung gelungen.
Das Flugzeug heißt „Cavorite X7“. Benannt ist es nach einer schwerelos machenden Substanz in H.G. Wells‘ Roman „Die ersten Menschen auf dem Mond“. Die Maschine hat insgesamt 14 elektrisch angetriebene Rotoren. Das Besondere: Je fünf sind nicht an, sondern horizontal liegend in beiden Tragflächen untergebracht, dazu noch einmal je zwei rechts und links im Höhenleitwerk. Das befindet sich bei der Cavorite, anders als bei den meisten Flugzeugen, vorne und nicht hinten.
„Fan-in-Wing-Design“ nennen die Entwickler das. Die Ungewöhnlichkeiten hören damit aber noch nicht auf.
Auch die Tragflächen gehen nicht konventionell leicht nach hinten, sondern wie zwei ausgebreitete Arme V-förmig nach vorne. Grund hierfür ist etwas für Evtols und allgemein für „Wandelflugzeuge“ sehr entscheidendes: der Transit vom Hubschrauber- zum Flugzeug-Modus und umgekehrt. Konventionelles Flügeldesign kann gerade in der Übergangsphase den Flug instabil machen.
Batterien Laden im Flug
Laut Angaben des Unternehmens haben diese entscheidenden Übergänge zwischen den beiden Flug-Modi bei einem unbemannten Test im Mai problemlos funktioniert. Im Flugzeug-Flug schlossen sich die Tragflächen.

© Horizon Aircraft
Der Vortrieb wurde nun durch einen – auch wieder anders als konventionell – nach hinten gerichteten, mit Flugzeugbenzin angetriebenen Propeller erzeugt. Dessen Maschine lud nebenbei die Batterien der Rotoren wieder auf. Die Cavorite ist damit am Landeplatz nicht auf Ladeinfrastruktur angewiesen.
Die Firma präsentiert das Modell, das zusätzlich zu Pilot oder Pilotin sechs Passagiere oder 680 Kilogramm transportieren können soll, vor allem für den Einsatz in der zivilen Luftfahrt. Aufgrund der knappen Flügelspannweite von nur 15 Metern könnte sie etwa auf fast jedem Hubschrauberlandeplatz, etwa auf einem Klinikdach, landen und starten. Zudem seien die Senkrecht-Rotoren vergleichsweise leise, was für den Einsatz in Städten vorteilhaft sei.
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Der Hybridantrieb sorgt zudem für eine größere Reichweite als bei rein elektrischen Antrieben. Und, Thema Sicherheit: Selbst, wenn vier Rotoren ausfallen würden, seien noch stabile Starts und Landungen möglich.
Fachleute sehen aber, teils aufgrund genau dieser Eigenschaften, auch militärische Anwendungen, etwa für die Evakuierung von verletzten Soldaten oder auch das Betanken anderer Flugzeuge in der Luft.
Die Frage, ob eine Luftfahrtbehörde solch ein Flugvehikel zulassen wird, ist offen. Ein Vorteil sei hier, so der CEO der Firma, Brandon Robinson, gegenüber der Website „New Atlas“, dass die Cavorite anders als die meisten Evtols auch konventionell auf einer Piste starten und landen könne. Sie sei im Grunde „ein normales Flugzeug“ mit dem elektrischen Senkrechtflug-Anteil als „zusätzlicher Sicherheitsebene“.
Ob Horizons Cavorite sich dadurch einen entscheidenden Vorsprung vor der Konkurrenz sichert, darüber streiten sich auch Fachleute. Weltweit arbeiten zahlreiche Firmen an neuen Konzepten für Flugtaxis und ähnliches. Einige davon tun dies nach dem Evtol-Prinzip, und von denen wieder einige auch mit der zusätzlichen Möglichkeit, normal auf einer Startbahn zu starten und zu landen.
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Zu ihnen gehört das Modell „Midnight“ der Firma Archer Aviation in Kalifornien. Sie setzt auf rein elektrischen Antrieb. Gestartet wird mithilfe von acht senkrechten Rotoren. Die sollen für den Übergang in den horizontalen Flug dann in eine horizontale Position schwenken, als sogenannte „Kipprotoren“.
Am 3. Juni veröffentlichte die Firma erstmals ein Video, das einen horizontalen Flug, gesteuert von einem echten Menschen an Bord, Testpilot Jeff Greenwood, zeigt. Es gibt andere Videos von Vertikal-Start und -Landung. Aber eben keine, die den neuralgischen Übergang zeigen, also den sicheren Transit zwischen Senkrecht- und Horizontalflug.

© Foto: Reuters/Andrew Kelly
Das elektrische Flugtaxi „S4“ mit Kipprotoren bewältigt diesen Übergang. Die kalifornische Firma Joby Aviation entwickelt davon auch eine wasserstoffbetriebene Version. Marktreife und Serienproduktion waren mehrfach in Aussicht gestellt, zuletzt für 2025.
Doch die langjährige Erfahrung in der Branche ist insgesamt eher eine von vielversprechenden Starts und häufig dann eher harten geschäftlichen und technologischen Landungen. Schon oft wurden Durchbrüche und entscheidende Fortschritte vermeldet, die eine Technologie oder ein Modell angeblich ganz in die Nähe der Serienreife brachten. Und ganz oft wurde daraus nichts.

© PR Klein Vision
Das in Amsterdam und nahe München ansässige Elektro-Flugtaxi-Unternehmen Lilium etwa wollte den „Lilium Jet“ mit 26 Propellern spätestens 2025 in die Luft bringen. Es hat aber im Februar dieses Jahres schon die zweite, und nun wohl endgültige, Insolvenz hinter sich. Eine zweite deutsche Firma, Volocopter, wurde nach einer Insolvenz von einer Firma übernommen, die zu einer chinesischen Holding gehört. Ihre Zukunft gilt als unklar.
Fliegende Autos
Bei sogenannten „fliegenden Autos“ klingt die Geschichte ähnlich. Die Firma Terrafugia in Massachusetts verlautbarte schon kurz nach der Jahrtausendwende, ein solches Vehikel mit für die Straße verstaubaren Flügeln demnächst anzubieten. Es gibt sie noch immer, inzwischen mit chinesischen Eigentümern. Aber ein Serienflugauto bietet sie bislang nicht an.
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Die slowakische Firma „Klein Vision“ ist derzeit vielleicht am nächsten dran. Sie hat zweisitzige Prototypen, die fliegen und fahren und ihre Tragflächen einpacken wie ein Cabrio sein Verdeck. All das allerdings klassisch mit Verbrennungsmotor und Start auf einer Startbahn. Die Serienproduktion ist nach Angaben des Unternehmens ganz nah. 2026 soll der „Air Car“ soweit sein.
Meldungen von einer angeblichen „Zulassung“ als Flugzeug durch die slowakischen Behörden wurden ebenfalls medienwirksam verbreitet.
Wer genauer nachschaut, findet je nach Quelle Angaben zu etwa 70 oder 170 Test-Flugstunden bisher, was aber zu wenig wäre für ein „Go“ beziehungsweise „Fly“. Die „Zulassung“ ist bislang, soweit bekannt, nur ein „Lufttüchtigkeitszeugnis in der experimentellen Kategorie“. Eine Straßenzulassung inklusive aller Sicherheitsaspekte gibt es für den sechs Meter langen Boliden mit Heckflügel bislang auch nicht.
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