zum Hauptinhalt
Restaurants um den Bahnhof Zoo in Berlin auf Google Maps: Screenshot

© Google Maps

1,6 Millionen gelöschte Einträge: „Diese Bewertungskosmetik auf Google Maps hat eine Kehrseite“

Mittlerweile nutzen extrem viele heimische Unternehmen ihr Recht, negative Kundenbewertungen zu löschen. Jetzt zeigt das eigentlich sinnvolle Gesetz seine Schattenseiten, meint unser Autor von der Verbraucherzentrale Berlin.

Markus Kamrad
Eine Kolumne von Markus Kamrad

Stand:

Whaaat? Das ist meist die Reaktion auf eine Zahl, mit der neulich unser Digitalreferent um die Ecke kam. Wieviel Prozent aller Löschungen von Bewertungen wegen Diffamierung auf Google Maps innerhalb der EU kommen aus Deutschland? Na? … 99,97 Prozent!

Nur gut 450 von über 1,6 Millionen gelöschten Bewertungen beim Dienst Google Maps wegen Diffamierung in den vergangenen sechs Monaten stammen nicht aus Deutschland. Das ist allerdings der Extremfall, der mit der spezifischen deutschen Rechtslage zu tun haben dürfte, bei anderen Löschgründen ist das Verhältnis ausgewogener.

Der Digital Service Act (DSA) soll das Online-Umfeld sicherer machen, indem illegale Inhalte schneller verschwinden als bisher. Die Zahlen legen nahe, dass sich Unternehmen in Deutschland eine grundsätzlich sinnvolle Regel auch zunutze machen, um missliebige Bewertungen aus Google Maps & Co. systematisch zu löschen – oftmals eben mit dem Verweis auf Diffamierung.

Entsprechende Angebote von Dienstleistern kursieren über das Netz verstreut – teilweise mit Mengenrabatt. Die Plattformen stehen für den Umgang mit Löschanträgen in der Kritik. Das Wiederherstellen einer Bewertung ist möglich, aber aufwändig. Außergerichtliche Streitbeilegungsstellen sind im DSA zwar vorgesehen, in Deutschland wurde die erste für Google allerdings erst jüngst zertifiziert.

Kurzfristig mag das Löschen den Unternehmen Ruhe bringen. Langfristig schadet es der Glaubwürdigkeit. Was zu schön aussieht, um wahr zu sein, ist oft das Ergebnis einer gewissen „Bewertungskosmetik“. Insofern ist auch die eine oder andere unzufriedene Rückmeldung für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit hilfreich, gerade wenn sie sachliche Beschreibungen enthält.

Wie noch oft in der Onlinewelt gilt: Bei der Qualitätssicherung von Onlinebewertungen ist viel Luft nach oben.

Dieser Text ist die 300. Folge unserer Kolumne „Mein Guter Rat“ mit Erfahrungsberichten aus der Arbeit der Verbraucherzentrale Berlin. Sehr viele Folgen zum Nachlesen finden Sie hier.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })