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Einheitsdenkmal: Drei Entwürfe in der Endauswahl

Beim zweiten Wettbewerb um das deutsche Freiheits- und Einheitsdenkmal werden vorerst drei Entwürfe gekürt – aber nur einer überzeugt. Nun muss die Bundesregierung entscheiden.

Einen wirklichen Sieger konnte Kulturstaatsminister Bernd Neumann am Jubiläumsnachmittag der deutschen Einheit im Berliner Martin-Gropius-Bau zwar nicht präsentieren. Aber es gibt als Ergebnis des Internationalen Wettbewerbs für das deutsche „Freiheits- und Einheitsdenkmal“ in Berlin nach der in zweitägigem Ringen getroffenen Entscheidung einer 15-köpfigen Jury erst einmal „drei gleichrangige erste Preise“. Gekürt wurden Entwürfe des Karlsruher Bildhauers Stephan Balkenhol, des Münchner Architekten Andreas Meck und ein Gemeinschaftsentwurf der Stuttgarter Designer Milla und Partner zusammen mit der Berliner Theaterchoreographin Sasha Waltz.

Im Frühjahr 2009 war ein erster Wettbewerb noch an der Kläglichkeit seiner Ergebnisse gescheitert. Neumann erinnerte vor der Enthüllung der drei aus nunmehr 386 Entwürfen ausgewählten Modelle an die langen und leidenschaftlichen Diskussionen beispielsweise um das Berliner Holocaust-Mahnmal. Doch dürfe man „nach den belastenden auch an die glücklichen Momente“ der deutschen Geschichte erinnern. Neumann zeigte sich sicher, dass einer der drei Entwürfe demnächst von der Bundesregierung endausgewählt und dann zügig realisiert werde. Als „nationales Symbol der Freiheit und Einheit in der Mitte Berlins“ würde das Denkmal nach Einschätzung des zusammen mit dem Bundesbauministerium federführenden Kulturstaatsministers zu einem neuen „zentralen Anziehungspunkt“ der Hauptstadt.

Die knapp 400 Vorschlägen sind im Martin-Gropius-Bau ausgestellt

Die Jury, der Künstlerinnen wie Monica Bonvicini und Katharina Fritsch neben dem Architekten Meinhard von Gerkan und Politikern wie Neumann, Berlins Kulturstaatssekretär André Schmitz und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse angehören, sie hat von den knapp 400 eingereichten Entwürfen zuletzt 28 Vorschläge ausgewählt. Diese sind jetzt zusammen mit den Siegerentwürfen bis zum 31. Oktober in der Galerie im ersten Stock des Martin-Gropius-Baus als Skizzen, Fotosimulationen und in Modellen zu besichtigen.

Es geht nun nicht mehr, wie beim ersten völlig überfrachteten Wettbewerb, um ein Denkmal, das alle Freiheits- und Einheitsbewegungen der deutschen Historie symbolisieren soll. Man hat die thematische Vorgabe konzentriert auf die „friedliche Revolution in der DDR“ und den Weg zur deutschen Einheit vom Herbst 1989 bis zum 3. Oktober 1990. Es soll auch nicht mehr besonders an die Montagsdemonstrationen in Leipzig erinnert werden – die sächsische Heldenstadt wird für fünf Millionen Euro ein eigenes Denkmal vor Ort erhalten; dagegen soll auf dem noch vorhandenen rund 60 Meter breiten Sockel des ehemaligen Reichseinheitsdenkmals für Kaiser Wilhelm I. am Berliner Schlossplatz für zehn Millionen Euro der gesamten Freiheits- und Einheitsbewegung gedacht werden.

Angesichts der im Gropius-Bau zu sehenden Auswahl muss man des öfteren freilich auch den Kopf schütteln. Da sind sie wieder die simplen symbolischen Brückenschläge, die verschnörkelten Stelen mit Leuchtzeichen oder Worten wie „Ich“, „Du“, „Wir“, und einer möchte gar eine zweite Quadriga ohne Brandenburger Tor auf den Schlossplatz stellen mit der erwünschten Losung „Wir sind das Volk / Wir sind ein Volk“ im gereckten Banner. Unter den 28, doch am Ende ausgeschieden sind auch prominente Berliner Architekten: wie Gesine Weinmiller mit einer riesigen zweiten Platte auf dem innen begehbar gemachten alten Denkmalsockel, wie Zvi Hecker mit einem transparenten „Haus der Freiheit“ aus Netzgittern oder Frank Schultes, der einen 20 Meter hohen lodernden „Freiheitsbaum“ als monströses Fanal setzen will.

Auch einer der Sieger-Entwürfe überrascht

Erstaunen und Irritation hat gleichfalls einer der drei Sieger-Entwürfe ausgelöst. Der renommierte Künstler Stephan Balkenhol überrascht (gelinde gesagt) mit einem fünf Meter hohen, mit dem Gesicht nach Osten knieenden Mann in weißem Hemd und schwarzer Hose: Das Modell sieht aus wie ein gigantischer Barack Obama in der Pose des Warschauer Kniefalls von Willy Brandt. Selbst der Juryvorsitzende, der Landschaftsarchitekt Arno S. Schmid, gab zu bedenken, dass hier ein Einzelner eine Massenbewegung würdigen solle. Zudem dominiert einzig ein Mann – und, ließe sich anfügen, statt einem erfolgreichem, freudigen Aufbegehren ein Gestus der Demut oder gar Unterwerfung.

Es erschließt sich auch nicht sogleich, warum statt Zvi Heckers auf den ersten Blick eleganter wirkendes Transparenzmodell der verwandte, aber schematischere Entwurf für ein offen einsehbares Dach über einer deutschen Landkarte von Andreas Meck ausgewählt wurde.

Eher schon ein Wurf, nicht bloß ein Entwurf ist dagegen, was der Stuttgarter Designer Johannes Milla zusammen mit Sasha Waltz sich ausgedacht hat. Eine mehr als 50 Meter breite, in der Mitte auf dem vorgegebenen Sockel aufliegende, sanft himmelwärts gebogene begehbare Metall- und Glasschale zitiert im Boden der Oberseite Losungen des deutschen Herbsts ’89, während die vergoldete untere Schaufläche Bilder der Demonstrationen, der Wende und des Mauerfalls reflektiert. Und wenn mehr als 50 Besucher zugleich auf einer der oberen Schale stehen und gehen, dann soll sie sich wie eine Waage langsam mit und zu ihnen neigen: ein Zeichen des Gewichts der Menschen – „Bewegte Bürger“ heißt diese Installation.

Alle drei Siegerentwürfe sollen vor einer Entscheidung noch überarbeitet werden. Belobigungen der Jury gab es im Übrigen für zwei Entwürfe aus Dänemark und Frankreich, wobei der Bildkünstler Xavier Veilhan zusammen mit BP Architectures aus Paris in frappierender Weise 300 Figuren von Männern, Frauen und Kindern als stumm beredte Zeugen für den Platz in der Berliner Mitte vorschlägt. Diese Choreographie könnte auch von Sasha Waltz stammen, die gerade in Paris inszeniert und nicht anwesend sein konnte.

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