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Elektrischer Dreiklang: Vorneweg der Polestar 2, dahinter der 4er und der 3er.

© Polestar

Achtung, Mausefalle!: Das eilige Trio: Mit Polestars Elektro-Modellen 2, 3 und 4 bei den „Driver Days“ am Bilster Berg

Auf der Teststrecke am Rande des Teutoburger Waldes konnten die drei Wagen zeigen, ob die sportlichen Ursprünge der schwedisch-chinesischen Marke in ihnen noch fortwirken

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War ja klar: Die „Mausefalle“! Angeblich der berüchtigten „Korkenzieherkurve“ auf dem kalifornischen Laguna Seca Raceway nachempfunden und ganz sicher die fieseste Kurve am Bilster Berg, der 2013 eröffneten Teststrecke am Rande des Teutoburger Waldes. Nicht einsehbar hinter einer Steigung gelegen, dann geht es jäh in enger Linkskurve nach unten bei 26 Prozent Gefälle.

Fahrfehler in der Steilkurve

Natürlich gibt es dafür eine Ideallinie, aber die wurde diesmal nicht getroffen, und es war bestimmt nicht der einzige Fahrfehler. Zu hektisch gebremst? Der Wagen, ein Polestar 4, mit PS reichlich ausgestattet und vom Hersteller als „elektrisches Performance SUV Coupé“ beschrieben, wirkt plötzlich, als wolle er ausbrechen. Doch er verweist den Fahrer, der sich ihm unter diesen speziellen Bedingungen als nicht ganz gewachsen erweist, nur kurz in seine Grenzen. Eine kleine Schrecksekunde, dann hat der Wagen dessen Patzer schon korrigiert, und mit Schwung geht es raus aus der doch nicht zugeschnappten Mausefalle.

Allradgetrieben kommt der Polestar 4 mit einer Batterieladung 590 Kilometer weit.

© Andreas Conrad

Das kommt eben davon, wenn man im Alltag untermotorisierte Oldtimer bevorzugt und nun auf Einladung von Polestar die aktuelle Produktpalette auf einer leider nassen Rennstrecke ausprobieren darf. Was schon deswegen naheliegend ist, weil an Orten wie diesem die Anfänge des schwedisch-chinesischen, auf dezent-elegantes Design, Elektroantrieb und Top-Performance schwörenden Herstellers liegen. Schließlich hat er sich von einem Rennsportteam über die Volvo-Tuningabteilung hin zur eigenen Marke entwickelt.

Mit Performance-Paket schafft es der Polestar 2 Long Range Dual Motor von 0 auf 100 km/h in 4,5 Sekunden.

© Polestar

Die ursprünglichen Gene wirken offensichtlich noch immer. Sie vermitteln auch sonst eher moderat chauffierenden Menschen jede Menge Fahrspaß, gerade auf solch einer Strecke und unter gemäßigten Rennbedingungen: Vorneweg ein Profi, der vorführt, wo genau auf der zwölf Meter breiten Strecke man wie schnell fahren sollte, und über Funk Anweisungen gibt. Dahinter in Kolonne fünf Polestars der Modelle 2, 3 und 4, die nicht nur beeindruckend beschleunigen, sondern üppig mit digital präzise gesteuerter Technik ausgestattet sind und so Fahrfehlern wie dem in der „Mausefalle“ gegensteuern.

19 Kurven, 44 Kuppen und Senken

Davon gab es beim sechsmaligen Umrunden der Strecke, die auf 4,2 Kilometern mit 19 Kurven, dazu 44 Kuppen und Senken aufwartet, trotz gelegentlicher Schweißausbrüche gar nicht so viele. Aber das dürfte weniger für den Fahrer als die geduldigen Fahrzeuge sprechen. Beim Polestar 2 blieb es sogar nur bei einem einzigen, vom Auto prompt ausgebügelten Schreckmoment, in zwei engen Kurven kurz hintereinander und nur in der ersten Runde.

Auf zum Hütchentest. Die Polestar-Modelle auf der Dynamikfläche der Teststrecke Bilster Berg.

© Polestar

Der Wagen sei eben leichter als der Polestar 4, und daher einer solchen Strecke besser angepasst, erklärte hinterher Instrukteur Markus Oestreich. Selbst erfolgreich im Formelsport, auf Tourenwagen und beim Truck-Racing kann er das sicher beurteilen. Auch den Mausefallenfehler des hinter ihm fahrenden Rennnovizen hatte Oestreich im Rückspiegel genau verfolgt.

Der von Rallye-Weltmeister Walter Röhrl gepriesene Bilster Berg wurde schon für die Rennszenen im Kinoerfolg „Manta Manta – Zwoter Teil“ genutzt. Eigentlich aber dient er nicht dem Motorsport, vielmehr den Autoherstellern als Teststrecke oder besonderer Ort für Produktpräsentationen und bietet daher nicht nur die Möglichkeit, im Kreis herumzurasen. Ab also auf die Dynamikfläche, 320 Meter lang, 60 Meter breit und bewässerbar, was heute die Natur mittels Regen selbst erledigt hat. Drei Parcours hat man mit rotweißen Hütchen aufgebaut, Slaloms bei steigendem Tempo und in verschiedenen Modellen sind die erste Herausforderung. Das heißt, für die Wagen sind sie überhaupt keine, präzise wedeln sie um die Hindernisse herum, nur wenige werden touchiert.

Auf der Rutschbahn

Danach geht es auf die Rutschbahn, eine spiegelglatte Fläche, mit Schwung anzufahren, dann bremsen. Blockierende Bremsen, Pirouetten? Von wegen. Die Wagen verlangsamen, schlingern nur ein bisschen, stoppen.

Als dritter Dynamiktest erwartet uns ein umgedrehtes U, 20 Meter lang, mit einem Schlupfloch hinten rechts. Mit zunächst 50 km/h wird darauf zu gefahren und am U-Eingang scharf gebremst – der Wagen kommt noch vor den Hütchen zum Stehen. Dann das Gleiche bei steigendem Tempo, da reichen 20 Meter bald nicht mehr aus – eine simulierte Unfallsituation, die in einem technisch schlichteren Wagen mit einem Aufprall enden würde. Die Polestar-Modelle aber bleiben trotz der Gefahrenbremsung lenkbar, und auf dem letzen Meter gelingt das Ausweichen nach rechts durchs vorgesehene Schlupfloch.

„Verschränkungen, Steilfahrten und ein Wassergraben“ - der Offroad-Parcours am Bilster Berg bietet viele topografische Herausforderungen.

© Andreas Conrad

Eine kritische Konstellation, wie sie im normalen Alltagsbetrieb leicht unerwartet auftauchen kann. Anders als die Herausforderungen, die im dritten Programmpunkt der „Driver Days“ auf die Fahrzeuge warteten, diesmal zwei als „Elektro Performance SUV“ beschriebene Polestar 3. Denn wer würde sich mit einem so schicken und nicht gerade billigen Auto schon auf einen Offroad-Parcours wie den am Bilster Berg wagen? „Ein Areal von vier Kilometern mit mehreren Schwierigkeitsgraden und einer Fülle von topographischen Herausforderungen“, als da sind „Verschränkungen, Steilfahrten und ein Wassergraben“ – so heißt es auf der Website der Teststrecke. Nicht zu vergessen die vielen Felsbrocken, die aus den tief ausgefahrenen Reifenspuren ragen.

Kein Problem für Markus Oestreich, der diesmal hinterm Lenkrad sitzt. Und erst recht keines für den Wagen, der sich im Geländemodus, also mit deutlich mehr Bodenfreiheit, unter wildem Geschaukel langsam über Höhen und Tiefen schiebt, gelegentlich sogar nur noch auf drei Rädern.

Die beiden Polestar 3 erwiesen sich dem schwerem Gelände überaus gewachsen.

© Polestar

Wer nicht gerade Jäger oder Förster ist, wird solche Strecken wohl niemals in seinem Leben befahren, aber egal: Bei Kaufentscheidungen spielt immer auch das Potential eine gewichtige Rolle, wenngleich es im Alltag kaum ausgereizt wird. Und davon bieten die drei Modelle jede Menge, werden wie üblich von Generation zu Generation weiter verfeinert wie zuletzt der Polestar 2.

Noch mehr Infotainment

Fürs bereits bestellbare Modelljahr 2026 wurde er mit neuen Funktionen und Technologien aufgerüstet, etwa einem leistungsstärkeren Prozessorchip zwecks Verbesserung des Infotainmentsystems sowie optional einem neuen High-End-Audiosystem des britischen Edel-Herstellers Bowers & Wilkens mit 14 Lautsprechern und 1350 Watt Gesamtleistung.

Na gut, auf einer Rennstrecke braucht man dergleichen weniger. Erst recht nicht, wenn es nun zum nervenkitzelnden Abschlusspunkt des Tagesprogramms kommt: Renntaxi! Also Rundfahrten als Beifahrer, am Steuer diesmal ein Profi, der zeigen soll, was solch ein auf Performance getrimmter Polestar wirklich kann. Und der ganz entspannt schon im ersten Kurvengeschlängel und erst recht in der Mausefalle einem erneut vor Augen rückt, was die eigenen Fahrversuche am Bilster Berg gegenüber seinen Lenkkünsten eigentlich waren: Fahrschule. Immerhin, diesmal keine Schweißausbrüche, aber der Magen!

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