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In Deutschland gibt es derzeit 1,2 Millionen Patienten.

© Mauritius

Alzheimer: Endlich ein Hoffnungsschimmer

Laut einer Studie bremst der Antikörper Lecanemab den Verlauf einer Alzheimer-Erkrankung. Der Effekt ist klein, aber signifikant. Und er könnte der Forschung neuen Antrieb verleihen.

Nun also – hoffentlich – doch. Nach Jahrzehnten der Fehlschläge gibt es einen Wirkstoff, der den Verlauf einer Alzheimererkrankung verzögern kann. Der Effekt ist klein, knapp am Rande dessen, was Mediziner als relevant für das Leben der Patienten einstufen: Bei einem Test der kognitiven Fähigkeiten erzielten die Patienten durch die Therapie im Schnitt einen knappen halben Punkt mehr von 18 möglichen mehr als jene, die nur ein Scheinmedikament erhielten.

Doch das Ergebnis ist statistisch signifikant. Und viele, die sich mit der furchtbaren Diagnose konfrontiert sehen, werden nach jedem Strohhalm greifen wollen, der dem Verlust der Geisteskräfte auch nur ein bisschen entgegenwirkt.

Allerdings wird die Behandlung nur nutzen, wenn das Leiden im Frühstadium diagnostiziert wird – bei Menschen also, die noch wenig Beeinträchtigung verspüren. Zugleich ist die Therapie mit einem Risiko verbunden. Alle zwei Wochen müssen Patientinnen und Patienten den Antikörper Lecanemab per Infusion erhalten. Jeder siebte erleidet dabei irgendwann gefährliche Hirnschwellungen. Zwei der rund 1800 Probanden sind womöglich daran gestorben.

1,5
Millionen Menschen in Deutschland leben mit Demenz.

Ob das Medikament, entwickelt von Biogen und Eisai, bei diesem Verhältnis von Nutzen und Risiko überhaupt zugelassen wird, ist noch offen. Als Erstes wird die Entscheidung im Januar in den USA fallen. Nicht nur für die Patienten, auch für die weitere Forschung und die Investitionsbereitschaft der Pharmaunternehmen dürfte das eine wichtige Rolle spielen.

Denn nach vielen Enttäuschungen mit diesem Ansatz ist sie wieder auf dem Tisch, die zuletzt umstrittene „Amyloid-Hypothese“. Sie besagt, dass Alzheimer durch Ablagerungen von Amyloid, einem Eiweiß, entsteht, und dass man die Erkrankung aufhalten könnte, wenn man diese Ablagerungen früh beseitigt.

Zulassung geriet zum Skandal

Mehrere Pharmaunternehmen investierten viel Geld in diese Idee. Im letzten Jahr wurde schließlich der Antikörper Aducanumab zur Behandlung von Alzheimer zugelassen. Die Zulassung geriet allerdings zum Skandal: Denn Aducanumab verringerte zwar die Amyloid-Plaques, ein echter Nutzen für die Patienten ließ sich aber nicht nachweisen.

Einige Fachleute argumentierten seither verstärkt, dass die Amyloid-Hypothese ein Irrweg und die Plaques eher Symptom als Ursache der Krankheit seien. Der Erfolg von Lecanemab, so bescheiden er sein mag, scheint nun eine Bestätigung der Amyloid-Hypothese zu sein.

Klar ist aber längst allen: Alzheimer ist ein komplexes Geschehen. Für eine deutlich wirksame Behandlung sind sicher viele Ansatzpunkte und weitere Forschung notwendig. Für die Patienten ist Lecanemab immerhin ein Hoffnungsschimmer.

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