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Ein Zug von National Express verlässt den Kölner Hauptbahnhof. Am Wochenende ließ der britische Betreiber einige Züge absichtlich ausfallen.

© Imago/Future Image/Christoph Hardt

Neue Sorgen für ÖPNV-Pendler: Fahren bald immer weniger Regionalzüge?

Regionalbahnen verursachen stark steigende Kosten. Betreibern droht die Pleite, ein erstes Bundesland lässt weniger Züge fahren. 2026 wird wohl alles noch schlimmer. Die Politik wirkt hilflos.

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Bahnkunden in Nordrhein-Westfalen sind Zugausfälle gewohnt. Dass am vergangenen Wochenende kein Regional-Express der Linie 4 zwischen Aachen und Hamm fuhr, lag allerdings nicht am Lokführermangel, kaputten Gleisen oder Signalen. Der britische Betreiber National Express ließ die Fahrten in einer Art Streik mutwillig ausfallen, damit das Land NRW für den Betrieb der Züge mehr Geld bezahlt.

Eine solch brachiale Aktion ist im deutschen Nahverkehr noch eine Ausnahme. Doch viele Betreiber von Regionalzügen haben ähnliche Probleme wie National Express. Die Energiekrise 2022 hat die Energie-, Personal- und Sachkosten stark steigen lassen. Viele der bestehenden Verträge zwischen den Betreibern und den Ländern kompensieren das nur teilweise.

Bessern die Länder die Altverträge nicht nach, könnte es deshalb erneut zur Pleite einer großen Privatbahn kommen – so wie 2021, als die zur holländischen Staatsbahn NS gehörende Abellio den Fahrbetrieb teilweise einstellte und ein Schutzschirmverfahren einleitete.

Schleswig-Holstein lässt weniger Züge fahren

Zugleich stehen auch die Länder unter Druck. Bei neuen Verkehrsverträgen müssen sie den Betreibern stark verbesserte Konditionen bieten. Nach derzeitigem Stand müssten die Länder deshalb das Angebot reduzieren. So wie Schleswig-Holstein: Seit 2024 lässt das Land an Tagesrandzeiten weniger Vorortzüge nach Hamburg fahren.

Um so etwas zu vermeiden, haben die Länder auf der Verkehrsministerkonferenz (VMK) in Straubing vom Bund mehr Geld gefordert. Mit den sogenannten Regionalisierungsmitteln finanziert der Bund das von den Ländern organisierte Nahverkehrsangebot auf der Schiene weitgehend. Nach einem Beschluss von 2022 erhöhen sich die Mittel zwar jedes Jahr um drei Prozent, doch die Kosten für den Regionalverkehr auf der Schiene steigen stärker. „Das Geld geht zu Ende“, sagte der Vorsitzende der VMK, Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU), und warnte vor der Abstellung von Zugfahrten.

Keine Zusage vom Bund

Zu einer Einigung kam es nicht. Angesichts des angespannten Haushalts des Bundes könne man keine Zusagen machen, ließ Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) seine Länderkollegen am Donnerstag wissen. Im November wird Bernreiter nun eine Reformkommission einsetzen, die bis zum kommenden Sommer Vorschläge zur Lösung des Problems machen soll.

Der Druck auf den Bund, mehr Geld zur Verfügung zu stellen, dürfte bis dahin weiter steigen. Denn im ersten Halbjahr 2026 könnte der Europäische Gerichtshof darüber entscheiden, ob eine bestehende Subvention für den Regionalverkehr bei der Schienenmaut rechtmäßig ist.

Der Bund hat gesetzlich festgeschrieben, dass die sogenannten Trassenpreise für den Regionalverkehr pro Jahr nur um drei Prozent steigen dürfen. Da der Schienennetzbetreiber DB InfraGO aber insgesamt einen sehr viel deutlicheren Anstieg der Trassenpreise benötigt, steigt die Schienenmaut für Fern- und Güterzüge umso mehr.

Um das zu kompensieren, müssten die Länder rein rechnerisch zehn Prozent aller Regionalzugfahrten streichen.

Matthias Stoffregen, Geschäftsführer des Privatbahnenverbands Mofair, über eine drohende Erhöhung der Schienenmaut

Gegen die Regelung haben die DB InfraGO, Flixtrain und private Güterbahnen Klage eingereicht. Gibt der EuGH ihnen recht, „muss man im Nahverkehr mit einer Steigerung der Trassenpreise um 23,5 Prozent rechnen“, sagt Matthias Stoffregen, Geschäftsführer des Privatbahnen-Verbands Mofair. „Um das zu kompensieren, müssten die Länder rein rechnerisch zehn Prozent aller Regionalzugfahrten streichen.“ Angesichts der hohen Fixkosten der Unternehmen für Personal und Züge sei de facto sogar eine Reduktion des Angebots um 20 Prozent oder sogar noch mehr nötig.

Ein solches Szenario dürften Bund und Länder unbedingt vermeiden wollen. Denn ansonsten hätten sie zwar mithilfe höherer Preise das Deutschlandticket erhalten, aber die Kunden könnten damit in immer weniger Regionalzügen fahren.

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